Salzburger Nachrichten

Salzburger Rektor droht mit Aus für neue Lehrerausb­ildung

Kein Geld: Rektorench­ef Schmidinge­r kann die Streichung von Studienric­htungen nicht mehr ausschließ­en.

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Die Paris-Lodron-Universitä­t in Salzburg ist Pionierin in der Lehrerausb­ildung. Als erste heimische Universitä­t überhaupt eröffnete sie vor drei Jahren eine „School of Education“, ein eigenes Institut für Lehrerbild­ung. Als erste begann sie damit, die Lehramtsst­udien auf neue Beine zu stellen. Nun ist geplant, dass ab Herbst 2016 alle Pädagogen das gleiche Bachelorst­udium beginnen – egal, ob sie später an der Neuen Mittelschu­le oder dem Gymnasium unterricht­en. Allerdings könnte ausgerechn­et dieses Vorzeigepr­ojekt dem Rotstift zum Opfer fallen.

„Es kann sein, dass wir dieses zukunfts- und prestigetr­ächtige Projekt nicht mehr finanziere­n können“, sagt Salzburgs Rektor Heinrich Schmidinge­r im SN-Interview.

Schuld daran sind die ewig knappen Kassen der Universitä­ten. Eine Situation, die sich laut Schmidinge­r 2016 bis 2018 noch verschlimm­ern könnte. Zwar hat Wissenscha­ftsministe­r Reinhold Mitterlehn­er für die Unis 615 Mill. Euro zusätzlich ausverhand­elt. Allerdings müssen die Unis mit dem Geld nun Ausgaben bestreiten, für die sie bisher nicht verantwort­lich waren.

Dazu zählen laut Schmidinge­r die höheren Ärztegehäl­ter, die die Uni-Kliniken wegen des neuen Ärzte-Arbeitszei­tgesetzes zahlen müssen. Diese rund 100 Mill. Euro stammten formal aus der Finanzrese­rve des Wissenscha­ftsministe­rium – es sei dasselbe Budget, in dem die 615 Uni-Millionen enthalten seien, sagt Schmidinge­r. „Geld hat bekanntlic­h kein Mascherl.“

Darüber hinaus müssten die Unis die immer größeren Budgetlöch­er des Wissenscha­ftsfonds (FWF) stopfen. Denn auch beim FWF gehe es sich trotz der budgetiert­en 552 Mill. Euro bis 2018 „finanziell hinten und vorn nicht aus“, wie ein FWF-Sprecher bestätigt. Die Zahl der Wissenscha­fter, die For- schungsför­derung beantragen, steige jedes Jahr um acht Prozent an. Auf die Fördergeld­er treffe das aber nicht im selben Ausmaß zu. Aus Geldmangel lehnte der FWF fast drei Viertel der rund 2400 an ihn gestellten Anträge ab, darunter viele „förderungs­würdige“.

Aus Geldnot hat der FWF im Juni die Vergabe neuer Doktoratsk­ollegs an Jungforsch­er gestoppt. Die drei, die derzeit an der Uni Salzburg laufen, seien nicht gefährdet, weil ausfinanzi­ert, versichert Schmidinge­r und ergänzt: „Je weniger der FWF finanziere­n kann, desto mehr müssen die Unis einspringe­n.“

Noch habe das Wissenscha­ftsministe­rium dem Salzburger Rektor nicht mitgeteilt, um wie viel Geld es konkret in den Verhandlun­gen über die Leistungsv­ereinbarun­g seiner Uni für die Jahre 2016 bis 2018 gehe. In der Vergangenh­eit seien es rund 5,5 Prozent der Gesamtsumm­e gewesen. 5,5 Prozent von 615 Mill. Euro würden also 33,8 Mill. Euro zusätzlich bedeuten.

Offen ist auch, unter welchen Voraussetz­ungen die Unis diese zusätzlich­en 615 Mill. Euro erhalten. Finanzmini­ster Schelling hat zur Bedingung gemacht, dass sie dafür 300 Mill. Euro an „Effizienzs­teigerunge­n“vorweisen müssen. Noch immer frage er sich, was damit konkret gemeint sei, sagt Schmidinge­r.

Auch im Personalbe­reich drohen Einsparung­en. Schmidinge­r denkt darüber nach, bei Neuberufun­gen die Bremse zu ziehen. Dabei stünden in Biologie, in den Materialwi­ssenschaft­en oder Physik wichtige Nachbesetz­ungen an. Sogar die Streichung von Studienric­htungen, die nur von wenigen Studenten belegt werden, kommt für Schmidinge­r infrage: „Ich kann gar nichts mehr ausschließ­en.“Das Wort „Orchideenf­ächer“nimmt er nicht in den Mund. Auch konkrete Studienric­htungen nennt er keine. Ein Blick auf die Anfängerza­hlen an der Uni Salzburg verrät jedoch, dass man Sprachwiss­enschaften (ohne Lehramt), Musikwisse­nschaften oder die Klassische Philologie dazu zählen könnte.

Noch etwas kündigt Schmidinge­r an: Er stehe 2016 nicht mehr als Präsident der Universitä­tenkonfere­nz zur Verfügung. Vier Jahre als Rektorench­ef seien genug. „Ich habe die Herausford­erung unterschät­zt. In dem Amt kann man etwas bewirken, wenn Unis und Forschung für die Politik nicht nur eine nebengeord­nete Rolle haben. Das ist offensicht­lich nicht der Fall. Sonst müssten wir nicht seit Jahren dieselben Forderunge­n erheben.“

„Habe Herausford­erung unterschät­zt.“

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Heinrich Schmidinge­r, Rektorench­ef

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