Salzburger Nachrichten

„Wir werden alle dümmer“

Das Publikum in Oper und Theater verstehe Aufführung­en immer weniger.

- HEDWIG KAINBERGER SALZBURG.

Das Publikum verstehe immer weniger von dem, was auf Opern- und Theaterbüh­nen gespielt werde, warnt der Opernregis­seur Peter Konwitschn­y. Ein Großteil der Zuschauer behalte meist nur, wer gesungen habe und dazu das Gefühl: „Ich war dabei.“In Gesprächen nach einer Aufführung fielen oft nur noch Namen von berühmten Mitwirkung­en und die Bemerkung „das war zu lang“.

Ein Grund dafür liege in der „globalen Zurückdrän­gung der Kultur“, sagt Peter Konwitschn­y, der derzeit in Salzburg Wolfgang Rihms Oper „Eroberung von Mexiko“inszeniert, mit der die Salzburger Festspiele am 26. Juli offiziell eröffnet werden.

Und: „Wir werden alle dümmer“, konstatier­t Peter Konwitschn­y, der sich als „Antichrist der Freunde der toten Oper“apostrophi­ert. Vor allem im Fernsehen „kucken die Leute stundenlan­g Quatsch an, das bleibt nicht folgenlos“.

Trotzdem wolle er in Inszenieru­ngen „nicht nur Klimbim und berühmte Namen“bieten, sondern sinnvolle Zusammenhä­nge erzeu- gen und eine Botschaft deutlich machen, die Komponist, Regisseur, Bühnenbild­ner und Dirigent miteinande­r in einer Inszenieru­ng entwickelt­en. Er suche nicht gefällige Unterhaltu­ngsideen, sondern „die Wahrheit des jeweiligen Stückes“.

So sei etwa in „Eroberung von Mexiko“die Handlung, also die Unterwerfu­ng der Azteken durch die Spanier, „nur ein kleiner Teil dessen, worum es geht“. Es gehe vielmehr um derart heftige Gegensätze, die vernichten könnten. Solche Vernichtun­gen infolge von Gegensätze­n drohten auch heutzutage – etwa wegen des Klimawande­ls und des Unterschie­ds zwischen Arm und Reich. Wenn er etwa in „dieser wunderbare­n Stadt“Salzburg arbeiten und die Proben in der Felsenreit­schule erleben dürfe, gehe dies „auf Kosten von enorm vielen Menschen“, sagte Peter Konwitschn­y.

Den Konflikt zwischen Montezuma und Cortez pointiert Wolfgang Rihm, indem er die Partie des Aztekenher­rschers einer Frau überträgt. Dies sei „die größte Idee“des Komponiste­n, sagt Peter Konwitschn­y. Dieser zwinge uns dazu, über den Konflikt der Unterwerfu­ng in anderer Weise nachzudenk­en, als wenn zwei Männer daran beteiligt wären.

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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL Regisseur Peter Konwitschn­y sagt, er wolle mehr als „Klimbim und berühmte Namen“.

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