Aufsichtsräte verdienen weniger als im Ausland
Die Verantwortung steigt, die Entlohnung hält aber bei vielen Aufsichtsräten in Österreich damit nicht Schritt. Vergleichbare Unternehmen in Deutschland sind wesentlich großzügiger.
Das Image der Kontrollore in österreichischen Unternehmen ist vielfach geprägt von falschen Einschätzungen: Oft werden Aufsichtsräte als jene gesehen, die einfach nur vom Vorstand vorbereitete Entscheidungen abnicken, kaum Fragen stellen und dafür auch noch fürstlich entlohnt werden. Das jedenfalls ergab im Vorjahr eine repräsentative Umfrage für den ersten „Aufsichtsrats-Monitor“in Österreich, den die Initiative Aufsichtsräte Austria (Inara) gemeinsam mit der B&C Industrieholding erstellt hat. Zwei Drittel der 500 Befragten waren der Meinung, dass Aufsichtsräte für ihre Aufgabe zu hoch entlohnt werden. Mit der Realität hat das nur bedingt zu tun, wie Analysen regelmäßig zeigen.
Die deutsche Unternehmensberatung hkp Group kam nun für die größten börsenotierten Unternehmen Österreichs zum Schluss, dass die Vergütungen für die heimischen Kontrollore 2014 sogar deutlich ge- sunken sind, während sie in Deutschland tendenziell zulegten.
Im Vergleich zu 2013 sanken die durchschnittlichen Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden der ATX-Unternehmen 2014 um 6,4 Prozent auf 60.155 Euro brutto pro Jahr. Gegenüber 2012 beträgt der Rückgang sogar 7,2 Prozent, betont die hkp Group. Die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden im ATX sanken nur um 0,9 Prozent, obwohl die Nettogewinne der Unternehmen um 44,3 Prozent einbrachen.
Der in Österreich bestverdienende Aufsichtsratschef, Friedrich Rödler von der Erste Group, bekam mit 146.000 Euro weniger als ein durchschnittlicher MDAX-Aufsichtsratschef, wobei ATX und MDAX hinsichtlich der Größe der darin abgebildeten Unternehmen vergleichbar sind. Im MDAX liegt die durchschnittliche Vergütung eines AR-Vorsitzenden bei 196.283 Euro, bei den Großkonzernen im DAX sogar bei 390.000 Euro. Auch innerhalb Österreichs sind die Unterschiede enorm: Ewald Kirschner (Flughafen Wien) erhielt für seine Tätigkeit nur ein Zehntel (14.648 Euro) der Vergütung Rödlers. Das passt zur Einschätzung von InaraSprecherin Lydia Ninz: „Im öffentlichen Bereich gibt es eher nur symbolische Vergütungen.“
hkp-Partner Michael Kramarsch bezeichnet die Vergütungen für die Chefkontrollore der ATX-Unter- nehmen als „absolut zu niedrig“. Dadurch sei es schwierig, international attraktive Kandidaten für die Tätigkeit zu gewinnen. „Ich verstehe den Aufsichtsrat in der heutigen Zeit nicht nur als einen netten Klub, der sich vier Mal im Jahr zum Mittagessen trifft, sondern der wichtige und auch kritische Unternehmensentscheidungen begleitet und da auch als Sparringpartner für den Vorstand dient“, sagte Kramarsch zur APA. Diese professionelle Tätigkeit, die viel Engagement und Zeit erfordere, müsse dann auch entsprechend vergütet werden.
Inara wurde 2009 gegründet, zählt inzwischen mehrere Tausend Mitglieder und sieht sich als Plattform zur Vermittlung von Wissen, das Aufsichtsräte für ihre Tätigkeit benötigen. In Deutschland habe mehr Transparenz dazu geführt, dass die Vergütungen für Aufsichtsräte in den vergangenen Jahren gestiegen seien, betont Ninz. Auf EUEbene werde derzeit eine neue Richtlinie für die Rechte von Aktionären verhandelt. Dabei ist auch vorgesehen, dass die Hauptversammlung zumindest über das Gehaltssystem für das Management mitentscheidet. Das könnte mittelfristig in Österreich ebenfalls mehr Transparenz und mehr Fairness bei der Entlohnung von Aufsichtsräten bewirken, hofft die Inara-Sprecherin. In Österreich gibt es rund 24.000 Aufsichtsratssitze. Davon werden 6000 von Betriebsräten besetzt – sie sind für Entscheidungen im Kontrollgremium ebenfalls voll verantwortlich, erhalten laut Inara aber grundsätzlich keine Vergütungen.
„Aufsichtsräte haften mehr denn je.“