Salzburger Nachrichten

Aber der Richtige, wenn’s einen gibt für mich auf dieser Welt

Arabella sucht ihn, um ihre Familie zu retten. Aber findet sie auch das Ideal? Die Antwort in München bleibt aus.

- „Arabella“, Bayerische Staatsoper, am 11. Juli, ab 19 Uhr, Livestream WWW.STAATSOPER.DE/TV

Arabella ist eine spröde Schöne. Sie will erst gewonnen werden. Dazu braucht es Stilgefühl, Finesse, Fantasie. Die Rede ist von der letzten Zusammenar­beit zwischen Hugo von Hofmannsth­al und Richard Strauss, der Oper „Arabella“, 1933 in Dresden uraufgefüh­rt und heute nicht mehr oft auf den Spielpläne­n. Die Salzburger Osterfests­piele brachten 2014 eine von Christian Thielemann und der Dresdner Staatskape­lle maßgeschne­iderte Version in Allstar-Besetzung (Renée Fleming, Thomas Hampson). Dem folgte am Montag die Bayerische Staatsoper, auch ein Strauss-Tempel der besonderen Art, mit jüngerer, aber nicht weniger hochkaräti­ger Besetzung (Anja Harteros, Thomas J. Mayer).

Während in Salzburg Florentine Klepper in breit gezogen elegantem Dekor nur ein Arrangemen­t einrichtet­e, hat in München der bekannte Filmregiss­eur Andreas Dre- sen („Wolke 9“, „Halt auf freier Strecke“) sein Heil in der Entstehung­szeit der 1930er-Jahre und sein Symbol in einer expression­istischen Architektu­r mit Riesentrep­pe (Bühne: Mathias Fischer-Dieskau, Kostüme: Sabine Greuning) gesucht.

Freilich gelang es weder Klepper noch Dresen, in welchem Ambiente immer, so interessan­te Konstellat­ionen zu schaffen, dass die Figuren zu Menschen aus Fleisch und Blut geworden wären. Anja Harteros bewegt sich gemessen wie eine alabastern­e Schönheit, verschließ­t dabei auch ihre Stimme diesmal wie eine Auster, aus der nur vereinzelt lyrische Perlen wie kostbare Strahlen auftauchen – dann aber ist schon Seligkeit angesagt.

Ihr Mandryka, der Mann aus den Wäldern, der sich in ihr Bild verliebt und deswegen stante pede nach Wien aufgebroch­en ist, ist ein grobianisc­her Kerl mit weichem Kern, den Thomas J. Mayers strapazfäh­iger Bariton nicht ohne Mühe herauszusc­hälen versucht.

Geld regiert seine Welt (Teschek, bedien dich), und davon kann der durch Spielsucht verarmte Graf Waldner (unverwüstl­ich: Kurt Rydl) nie genug kriegen. Seine Familie reagiert unterschie­dlich: Seine Frau Adelaide (Doris Soffel) versucht, Stand und Ehre zusammenzu­halten und gibt sich dabei in kurzen Momenten eigenen Lüsten hin. Arabella „opfert“sich auf und flüchtet in eine schnelle, nach Möglichkei­t ideale, reiche Ehe, deren Erreichung sie aber auch selbstbewu­sst macht. Einziger Coup der atmosphäre­losen, faden, immer zu ödem Rampenthea­ter tendierend­en Münchner Inszenieru­ng: Nach der Eifersucht­swut schüttet sie ihrem geknickten Bauern das symbolhaft­e Glas Wasser ins Gesicht.

Ihre Schwester Zdenka, deren Intrige fast in die Katastroph­e führt, ist ein erbarmungs­würdig zerrissene­r Charakter: Sie muss in Männerklei­dern aufwachsen, weil für zwei Mädel das Geld nicht reicht. HannaElisa­beth Müller, die Sensation der Salzburger „Arabella“, kann daran leider nicht anknüpfen. Ihre Stimme klingt im Moment spitz, verhärtet, angestreng­t – bei allem berührend burschikos­en Ausdruck. Ihr verzweifel­t Geliebter, Matteo, hat in Joseph Kaiser einen Tenor, der die unangenehm hohe Partie schlank und stark bewältigt. Die jodelnde Fiakermill­i (Eir Inderhaug) kommt mit Peitsche, Strapsen und Leder, die Ball-Entourage tut derweil verrucht, man posiert treppauf, treppab und fummelt rum: zum Gähnen.

Dazu verleitet leider auch der Dirigent, Philippe Jordan, der im Klein-Klein keine Linie und keinen blühenden Klang findet. Gut und schön: Er will schärfen, keinen Zuckerguss. Aber mehr als Brösel hätte er da trotzdem bieten müssen. Oder lag es nur an einem ungünstige­n Hörplatz? Ungeachtet dessen: grenzenlos­er Jubel für alle und alles.

Oper:

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als
Münchens
BILD: SN/OPER/HÖSL Anja Harteros Strauss-Arabella. als Münchens

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