So weit hätte es in Traiskirchen nie kommen dürfen
Im größten Asylzentrum scheint die Lage völlig zu entgleiten. Warum hat Österreichs Politik nicht schon viel früher reagiert?
Es ist das beste Beispiel dafür, wie kurzsichtig die österreichische Asylpolitik ist: 2010 war ein drittes Asyl-Erstaufnahmezentrum nach einer absurden Volksbefragung im Burgenland – initiiert von Landeshauptmann Niessl – gestorben. Die damalige Innenministerin Fekter hat daraufhin ganz aufgegeben mit der Begründung: Bei so wenigen Asylanträgen wie jetzt komme man eh auch ohne das Zentrum aus, das Traiskirchen und Thalham hätte entlasten sollen.
Allen war klar, dass die wenigen Anträge von 2010, rund 11.000, nur ein kurzes Durchatmen sein können. Allen war klar, dass die nächste Flüchtlingskrise kommt – denn internationale Krisen orientieren sich bekanntlich nicht an Entscheidungen heimischer Politiker. Doch passiert ist in all den Jahren nichts.
Und nun die totale Überforderung: Täglich strömen Hunderte Menschen vor allem aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten nach Österreich, man rechnet mit 70.000 Asylanträgen bis Jahresende. Gut möglich, dass es noch mehr werden. Das Asylzentrum Traiskirchen platzt mit mehr als 3000 Asylbewerbern aus allen Nähten. Die Zustände sind unerträglich: Flüchtlinge schlafen auf dem Boden und unter Bäumen, weil sie kein Bett haben. Bei Schlechtwetter sollen sie nun sogar in Bussen (!) untergebracht werden. Helfer und Bevölkerung sind überfor- dert. Immer wieder müssen neue Zelte aufgestellt werden, weil die Aufteilung innerhalb Österreichs nicht funktioniert. Und innerhalb der EU schon gar nicht. Von Solidarität kann keine Rede sein.
Vielmehr bilden sich immer neue Initiativen gegen Asylunterkünfte, Populisten haben Hochkonjunktur. Angesichts der Bilder, die das Traiskirchner Chaos dokumentieren, verwundert das gar nicht.
Und die Politik? Das größte Chaos. Der Asylgipfel endete jüngst mit einem Eklat. Statt auf schwierige Fragen gute und vor allem menschliche Antworten zu finden, standen persönliche Befindlichkeiten im Vordergrund. Das ist ein Trauerspiel. Und gefährlich.
Das Innenministerium sucht nun per Inserat nach privaten Flüchtlingsunterkünften – viele interessieren sich. Gut so. Fix ist zudem: In sechs Bundesländern wird es, wie in Salzburg, Verteilzentren geben. Auch ein Beitrag, um Traiskirchen zu entlasten. Bleibt die Frage: Warum erst jetzt? Warum erst reagieren, wenn die Stimmung schon hochkocht? Niemand sagt, dass es leicht ist, von heute auf morgen Unterkünfte für Tausende Flüchtlinge zu finden. Aber so schlimm hätte es nicht kommen dürfen. Kluge Politik schaut anders aus.