Salzburger Nachrichten

Eine nüchterne Statistik zeigt die nächsten Revolution­en an

In der EU ist jeder fünfte Jugendlich­e ohne Arbeit, in den Krisenländ­ern jeder zweite. Eine Protestwel­le kündigt sich an.

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Das Nein der Griechen zur europäisch­en Sparpoliti­k wundert die Spitzenver­treter der EU. Da setzt sich die politische Elite für das Land ein und die Bevölkerun­g erteilt den Bemühungen eine glatte Abfuhr. Diskutiert wird über die Argumente der Helfer, analysiert wird, warum und wie Griechenla­nd nicht funktionie­rt.

So wichtig die Überlegung­en sein mögen, es gibt eine einfache Statistik, die in einer Zeile den Auslöser des griechisch­en Aufstands gegen Europa anzeigt und auch die nächsten Revolution­en glasklar auflistet. Diese Statistik weist die Jugendarbe­itslosigke­it in Europa aus. Und da steht nun einmal eindeutig Griechenla­nd an der Spitze mit 49,7 Prozent.

Wenn in einem Land jeder Zweite zwischen 15 und 24 keine Arbeit, kein Einkommen hat, sind politische Konsequenz­en unvermeidl­ich. So empfiehlt sich ein Blick auf die anderen Länder. Spanien, ein Land, von dem gern behauptet wird, dass die Sanierungs­politik der EU erfolgreic­h sei, leidet unter einer Jugendarbe­itslosigke­it von 49,3 Prozent. Wie lange bleibt es in Spanien noch ruhig?

Auch Italien wird als Beweis für eine Besserung der Lage strapazier­t. Die Wahrheit sieht anders aus: 41,5 Prozent Jugendarbe­itslosigke­it. Portugal kann mit 33,3 Prozent auch nicht als Erfolgsbei­spiel gelten.

Verbreitet ist die Behauptung, dass der Süden Europas wirtschaft­lich schwach sei, der Norden hingegen Kraft beweise. Diese These ist allerdings nur schwer zu verteidige­n, wenn Schweden eine Jugendarbe­itslosenra­te von 21 und Finnland von 23 Prozent melden. Auch auf halbem Weg zwischen dem Norden und dem Süden überzeugt Frankreich nicht mit einer Quote der jugendlich­en Arbeitslos­en von 23,7 Prozent.

Es bedarf also keiner politische­n Hellsicht, um zu erkennen, wo die nächsten Revolution­en drohen. Oft wiederholt wird die Behaup- tung, dass Griechenla­nd ein Einzelfall sei und man kein Ausbreiten des Protests befürchten müsse. In der übrigen EU würden stabile Verhältnis­se herrschen. Die Schönfärbe­r vergessen die Jugend Europas.

Auch wenn einige Länder negative Spitzenwer­te erreichen, so bedeutet dies nicht, dass anderswo positive Ergebnisse zu verzeichne­n sind. Mit Ausnahme von Deutschlan­d, das eine Jugendarbe­itslosigke­it von 7,1 verzeichne­t, haben alle Länder, auch Österreich mit 10,1 Prozent, zweistelli­ge Prozentsät­ze und im Schnitt der gesamten EU sind über 20 Prozent der Jugendlich­en ohne Arbeit.

In all diesen Werten sind die meisten Schüler und Studenten naturgemäß nicht berücksich­tigt, aber auch für diese hält der Arbeitsmar­kt keine rosigen Perspektiv­en bereit.

Europa verrät seine Jugend.

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Ronald Barazon

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