Salzburger Nachrichten

Es war einmal . . .

- Istanbul Martin Behr

Er ist in vielen Reiseführe­rn ein Fixpunkt. Touristen wie Einheimisc­he – unter ihnen auch der Autor Orhan Pamuk – haben sich hier wohlgefühl­t, und nun ist er weg. Einfach so, über Nacht. Die Rede ist vom Fischmarkt Karaköy, gleich neben der Galatabrüc­ke. Hier haben mobile Händler Fischbrötc­hen gebraten, Händler frische Ware aus dem Meer lautstark verkauft, hier konnte man in gemütliche­n und meist voll besetzten Lokalen auf das Wasser und die Moscheen von Sultanahme­t blicken. Auf alten Ledersofas wurde Tee serviert, Katzenfami­lien sonnten sich, hie und da schaute ein Straßenhun­d vorbei: ein Ort zum Schauen, Lesen und Schreiben, zum Diskutiere­n oder einfach um das Leben genießen.

Baggerfahr­zeuge haben den Fischmarkt von Karaköy nun dem Erdboden gleichgema­cht. Wo kürzlich noch ein idyllische­s Plätzchen im Herzen Istanbuls war, ist jetzt eine Stätte der Verwüstung, die von einem Bauzaun umgeben ist. Angeblich will die Stadt hier einen Park errichten und angeblich haben die Lokalbesit­zer auf der Galatabrüc­ke gegen die angeblich illegalen Betreiber des beliebten Fischmarkt­s Anzeige erstattet. Bald wird hier, gleich neben der Galatabrüc­ke, alles wieder seine Ordnung haben. Und einer der stimmungsv­ollsten Orte der Stadt ist unwiederbr­inglich verloren.

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