Mutter erstach ihren fünf Jahre alten Sohn
Die Mordverdächtige litt seit Jahren an Depressionen. Eine Therapeutin erzählt über Motive, die Frauen zu Beziehungstäterinnen machen.
Es muss für die Mordermittler ein furchtbarer Anblick gewesen sein: In einer Wohnung in Wien-Favoriten liegt der schon verwesende Leichnam eines fünfjährigen Buben unter einer Decke. Oberkörper und Gesicht weisen Stich- und Schnittverletzungen auf. Dringend tatverdächtig ist die Mutter des Kindes. Die 25-jährige Wienerin mit serbischen Wurzeln soll ihren Sohn bereits am Sonntag getötet haben.
Nach der Tat hat sich die Alleinerzieherin laut Polizeisprecher Paul Eidenberger in einer Pension im Westen Wiens eingemietet. Am Dienstag schließlich habe die beschäftigungslose Verdächtige im Bereich Höhenstraße ein Polizeiauto angehalten und den Beamten mitgeteilt, dass sie festgenommen werden möchte, weil sie ihr Kind getötet habe. Bei der anschließenden Nachschau hat die Polizei den grausigen Fund gemacht.
„Die Frau hat einen psychisch sehr verwirrten Eindruck gemacht“, sagte Eidenberger am Mittwoch. Sie dürfte schon seit Jahren an Depressionen leiden und auch Tabletten genommen haben. Ein Motiv für die Tat sei noch völlig unklar, die Verdächtige habe dazu keine Angaben machen können. In einer ersten Einvernahme vor der Polizei soll die 25-Jährige ausgesagt haben, dass sie vor der Tat mit ihrem Kind noch Eis gegessen und ge- spielt habe. Später beim Fernsehen habe sie den Beschluss gefasst, ihren Sohn zu töten.
Der von der Familie getrennt lebende Vater des Buben wurde ebenfalls befragt. Er gab an, dass die Beziehung mit der Frau nicht harmonisch verlaufen sei. Auch Nachbarn zufolge soll das Paar bis zur Trennung immer wieder lautstark in seiner Wohnung gestritten haben.
Was bringt Frauen dazu, ihr eigenes Kind zu töten? Sigrun Roßmanith, Psychiaterin und Psychothera- peutin in Wien, zufolge sind Mütter, die töten, eine Rarität. „Sie rufen in der Gesellschaft immer Unverständnis hervor. Denn sie haben eine Schutzfunktion, sind Lebensspenderinnen. Und wir sind nicht imstande, beide Teile – das Gute wie das Böse – in einer Person wahrzunehmen“, erklärte Roßmanith. Die Vorstellung, eine Mutter könnte ihrem Kind das Leben nehmen, mache Angst und rufe Entsetzen hervor, sagte sie.
Frauen seien Konflikt- und Beziehungstäterinnen. Die Tötungsmotive seien vielfältig: Für manche Täterin repräsentiere das Kind alles Negative im Leben. Andere handelten aus Rache (bei einem Rosenkrieg). Auch Geisteskrankheit und Wahnvorstellungen seien Ursachen. Die Realität zeige aber, dass nur ein kleiner Teil der Täterinnen geisteskrank sei, der überwiegende Teil leide an Persönlichkeitsstörungen.
Ohne den Fall näher zu kennen, betonte die gerichtlich beeidete Sachverständige, dass Erstechen eine sehr ungewöhnliche Form der Tötung des eigenen Kindes sei. „Da muss man immer schauen, ob nicht eine Psychose dahintersteckt.“
„Mütter, die töten, sorgen für Entsetzen.“