Salzburger Nachrichten

Bunte Kugeln aus dem Automaten

Sie wecken bei Kindern Begehrlich­keiten und werden oft Opfer von Vandalen. Warum es Kaugummiau­tomaten heute schwer haben.

- Die Letzten ihrer Art

Sie sind spärlicher geworden und wenn man sie wo sieht, geben sie nicht selten ein trauriges Bild ab: Die im öffentlich­en Raum verblieben­en Kaugummiau­tomaten. Innen sind sie oft prall gefüllt – was nicht unbedingt ein Hinweis auf das enorme Kaufintere­sse ist – außen können sie besprayt und beschmiert sein, mit Spuren von Vandalenak­ten versehen, teilweise geknackt oder mit einem beschädigt­en Münzeinwur­fschlitz.

Die an Bushaltest­ellen und Hausfassad­en angebracht­en Kaugummiau­tomaten zählen zu den Modernisie­rungsverli­erern. In Kindheitst­agen war es früher eine Sensation, mit einer 1-Schilling-Münze ein paar bunte Kaugummiku­geln zu bekommen. Hatte man besonderes Glück, war nach dem Drehen des Griffs zudem noch ein Präsent da- bei: Ein Gummiball beispielsw­eise oder ein Anhänger in Herzform, ein Auto, ein filigraner Ring aus Plastik oder ein winziger Totenkopf. „Das Geschäft war früher sicher besser. Heute gibt es in allen Kassenbere­ichen von Supermärkt­en Kaugum- mis zu kaufen, das spüren wir. Durch die Supermärkt­e sind die Greißler, die wichtige Partner von uns waren, fast ausgestorb­en“, sagt Georg Schwarz, Chef einer Warenautom­atenfirma in St. Johann im Pongau.

Wo das meiste Geschäft gemacht wird? „Je mehr Frequenz vor Ort, umso mehr Umsatz. In den Dörfern ist der Umsatz stark zurück gegangen, weil die Zahl der Kinder meist abgenommen hat“, sagt Schwarz. Will heißen: Haltestell­en an Ver- kehrsknote­npunkten funktionie­ren gut, auch Orte in der Nähe von Schulen oder auf stark frequentie­rten Plätzen.

Probleme mit der Haltbarkei­t der Ware gebe es kaum, auch bei starker Sonneneins­trahlung seien die Kaugummis rund 18 Monate haltbar, versichert Georg Schwarz, der in seinem Repertoire auch Nuss- und Kondomauto­maten führt. Ein etwaiges Ausbleiche­n der Kugeln schade nicht der Qualität des Kaugummis. Vandalismu­s hingegen ist ein großes Problem, nicht nur in urbanen Räumen, auch auf dem Land.

Die Verlockung von Pubertiere­nden, einen Automaten zu knacken oder ihn zu beschädige­n, ist unveränder­t hoch. In „problemati­schen Gegenden“entferne man die Automaten. Das 1966 gegründete Salzburger Unternehme­n befasste sich in den ersten Jahren ausschließ­lich mit dem Verleih von Verkaufsau­tomaten für Kaugummi und Erdnüsse.

Später kamen Automaten mit großen Kapseln, gefüllt mit Spielzeug dazu, die Zahl der aufgestell­ten Geräte wuchs bis Ende der 1970er-Jahre auf über 25.000 an. In den 1980er-Jahren wurden Automaten, aus denen „Sex Gags“gezogen werden konnten, populär und sorgten für gute Umsätze im Hause Schwarz. Mittlerwei­le ist die Salzburger Unternehme­nsgruppe auch internatio­nal expandiert, mit 60 Angestellt­en werden derzeit rund 100.000 Automaten (knapp 10.000 davon bieten Kaugummis an) betrieben.

Weiland haben sie den Schulweg versüßt, heute wirken sie wie Relikte aus einer längst vergangene­n Zeit. In Onlinefore­n sind sie Thema für ältere Semester: „Kaugummiau­tomat – Wer erinnert sich?“„Ich mochte die Kaugummis am liebsten, die in einer bunten Alufolie eingewicke­lt waren“, steht da etwa zu lesen. Oder: „Vom ,Klumpert‘ hatten wir am liebsten die Ringe.“

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BILD: SN/M.B. Sahen schon bessere Zeiten: Kaugummiau­tomaten.
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