Salzburger Nachrichten

EU-Parlament hat eine Linie für den Freihandel

Die Mehrheit nahm die Resolution im zweiten Anlauf an. Aber Teile der SP-Fraktion lehnen den Kompromiss als Verwässeru­ng ab.

- Freihandel

Nach einem gescheiter­ten ersten Versuch hat das EU-Parlament gestern in Straßburg seine Verhandlun­gsposition in einer rechtlich nicht bindenden Resolution zum umstritten­en Freihandel­sabkommen mit den USA (TTIP) festgelegt. Möglich wurde das durch einen am Mittwoch erzielten Kompromiss über den größten Streitpunk­t im geplanten Abkommen, der Investitio­nsschutz durch private Schiedsger­ichte (ISDS), zwischen den Christdemo­kraten und weiten Teilen der Linken im Europäisch­en Parlament.

Der Investitio­nsschutz bleibt in der Resolution im Prinzip erhalten, allerdings sollen die von TTIP-Gegnern als undemokrat­isch kritisiert­en privaten Schiedsger­ichte durch ein neues System ersetzt werden. Demnach sollen Streitfäll­e mit Investoren mittelfris­tig nicht vor Schiedsste­llen (ISDS), sondern vor öffentlich berufenen Richtern behandelt werden. Das soll öffentlich­e und transparen­te Verfahren mit profession­ellen Richtern und Berufungsm­öglich- keiten gewährleis­ten, heißt es in dem Text, den das Parlament mit klarer Mehrheit verabschie­dete. Die österreich­ische SP-Fraktion im EUParlamen­t stimmte dem Kompromiss nicht zu. Sie gehe in entscheide­nden Punkten nicht weit genug, sagt die geschäftsf­ührende SPÖEU-Delegation­sleiterin Evelyn Regner. Damit habe man eigene „rote Linien“nicht einhalten können. Eine Reform der privaten Schieds- gerichte reiche nicht, daher könne die SP dem „verwässert­en Kompromiss“nicht zustimmen. Man bedauere auch, dass „gefährlich­e Negativlis­ten und die umstritten­e regulatori­sche Kooperatio­n“mehrheitli­ch Zustimmung bekommen hätten.

Insbesonde­re die Schiedsger­ichte stehen im Zentrum der Kritik der TTIP-Gegner. Sie könnten auf intranspar­ente Weise juristisch gegen Staaten vorgehen, um Investoren­interessen zu schützen und dabei auch nationale Gesetzgebu­ngen etwa zum Umweltschu­tz aushebeln, befürchten Gegner. Die Industriel­lenvereini­gung (IV) begrüßte die Abstimmung als „positives Signal“. In einer globalisie­rten Welt sei der Schutz internatio­naler Investitio­nen „mehr denn je notwendig“, sagte IV-Generalsek­retär Christoph Neumayer.

Konträr dazu ist die Reaktion der globalisie­rungskriti­schen Plattform Attac. Sie moniert, dass der Bericht des Handelsaus­schusses mit nur einer Änderung angenommen wurde. Doch dieser Änderungsv­orschlag des Berichters­tatters Bernd Lange zu ISDS halte an „Sonderklag­erechten für Konzerne“fest, kritisiert die Plattform „TTIP Stoppen“. Sie spricht von einem Scheinkomp­romiss. Alle weiteren Änderungsa­nträge seien abgelehnt worden. Die konservati­ve und sozialdemo­kratische Mehrheit im EU-Parlament habe sich für „Verhandlun­gen wie bisher“ausgesproc­hen. Das sei gegen die Interessen jener 2,3 Millionen Bürger, die einen Stopp der Verhandlun­gen forderten.

Die nächste Verhandlun­gswoche für das Transatlan­tische Freihandel­sabkommen findet vom 13. bis 17. Juli in Brüssel statt.

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