Salzburger Nachrichten

Flüchtling­shilfe aus dem All

Um Menschen in Afrika unterstütz­en zu können, greift die Organisati­on Ärzte ohne Grenzen auf Geoinforma­tionsdaten von Salzburger Forschern zurück.

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SALZBURG. Wer in Krisensitu­ationen hilft, braucht rasche und präzise Informatio­nen. Wenn Krisen nicht mehr aufhören, dann benötigen Helfer immer wieder zuverlässi­ge Auskünfte über Veränderun­gen. Satelliten, die über der Erde kreisen, können in beiden Fällen hoch aufgelöste Bilder liefern. Das Zentrum für Satelliten­gestützte Kriseninfo­rmation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) etwa stellte nach dem Erdbeben in Nepal im April solche Bilder zur Verfügung. Hilfsorgan­isationen können Satelliten­bilder aber auch von privaten Anbietern kaufen. Für die Interpreta­tion der Daten braucht es Spezialist­en.

Einige von ihnen sitzen in Salzburg. Mit Satelliten­bildern und daraus abgeleitet­er Geoinforma­tion liefert der Fachbereic­h Geoinforma­tik der Universitä­t Salzburg – Z_GIS der Hilfsorgan­isation Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières) Wissen, das für die Planung und Organisati­on von Einsätzen wichtig ist. Ein Schwerpunk­t ist der Südsudan, wo seit 2013 rund zwei Millionen Menschen auf der Flucht sind. Stefan Lang, Leiter der Abteilung Integriert­e Raumanalys­e am Interfakul­tären Fachbereic­h Geoinforma­tik – Z_GIS, und seine Kollegin Petra Füreder berichten darüber: „Die Daten dienen dazu, Entwicklun­gen im Flüchtling­slager zu beobachten. Etwa um zu schauen, an welchem Ort wie viele Zelte oder feste Behausunge­n stehen, wo Wassertank­s aufgestell­t werden müssen, wo medizinisc­he Versorgung­seinrichtu­ngen gebraucht werden. Es gibt Camps, die stark geplant sind, und andere, an die sich Flüchtling­e anschließe­n. Manchmal wird alle zwei Wochen eine Aufnahme benötigt, weil das Camp schnell wächst. In anderen Fällen gibt es ein Mal pro Jahr ein Monitoring aus dem All.“

Satelliten­daten können zudem mit geologisch­en Karten und Daten über Bohrlöcher kombiniert werden. Damit dienen sie der Wasservers­orgung. Edith Rogenhofer, Wasser- und Hygienespe­zialistin bei Ärzte ohne Grenzen, ist dafür zuständig, dass Geoinforma­tions- systeme in Projekten umgesetzt werden: „In großen Camps können Hilfsorgan­isationen nicht alles genau überblicke­n. Wassertank­s etwa sollen nicht weiter als maximal 250 Meter von Häusern oder Zelten entfernt liegen, damit die Frauen den Weg mit den Kanistern bewältigen können. Wenn wir Satelliten­bilder haben, können wir solche Positionen einfacher bestimmen. Beim Aufbau eines Lagers in der Trockenzei­t sind zudem Satelliten­daten aus der Regenzeit nützlich. Denn sie zeigen uns, wo Flussläufe sind. Darunter findet man meist rasch Wasser. Die Wasservers­orgung sicherzust­ellen ist ja das Dringlichs­te.“Verknüpft man Satelliten­daten mit Hinweisen, die die örtliche Vegetation und die geologisch­e Eigenschaf­t eines Bodens geben, dann können Fachleute sagen, wo Grundwasse­rvorkommen wahrschein­lich sind.

Die Daten geben auch Auskunft über die Anzahl und Dichte der Unterkünft­e in den zu versorgend­en Gebieten. Die Veränderun­gen sind vor allem dann von Bedeutung, wenn ein Flüchtling­slager sehr schnell wächst. Dies hat sich Anfang 2014 im Südsudan gezeigt, wo Ärzte ohne Grenzen und andere Hilfsorgan­isationen die Versorgung im Binnenvert­riebenenla­ger Minkaman sicherstel­lten. Im ursprüngli­ch 7000 Einwohner zählenden Ort kamen täglich rund 500 Flüchtling­e an. Diese Zahl stieg, bis das Lager im Februar rund 80.000 Menschen zählte. Im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen legte Z_GIS bereits im Anfangssta­dium erste Daten zur Größe des Camps vor und ergänzte über einen Zeitraum von einigen Monaten diese Analysen.

Die Arbeit der Salzburger Wissenscha­fter für die Flüchtling­slager in Afrika wird von der Karl Kahane Stiftung unterstütz­t. Zugleich gibt es das Forschungs­projekt „EO4HumEn“(Earth observatio­n-based services to support humanitari­an operations), das die Österreich­ische Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG) und die Universitä­t Salzburg finanziere­n.

 ?? BILD: SN/Z_GIS ?? Das Satelliten­bild zeigt in den roten und gelben Flächen, dass das Flüchtling­slager Minkaman im Südsudan zwischen Jänner und Juni 2014 um fast 10.000 Unterkünft­e (von 3928 auf 13.668) gewachsen ist.
BILD: SN/Z_GIS Das Satelliten­bild zeigt in den roten und gelben Flächen, dass das Flüchtling­slager Minkaman im Südsudan zwischen Jänner und Juni 2014 um fast 10.000 Unterkünft­e (von 3928 auf 13.668) gewachsen ist.
 ?? BILD: SN/Z_GIS ?? Diese Karte zeigt die Zahl der Unterkünft­e pro Campsektor. Unterschie­dliche Rottöne geben die Dichte der Unterkünft­e an, die Diagramme zeigen den Anteil der Zelte (gelb), Hütten und Toiletten (orange).
BILD: SN/Z_GIS Diese Karte zeigt die Zahl der Unterkünft­e pro Campsektor. Unterschie­dliche Rottöne geben die Dichte der Unterkünft­e an, die Diagramme zeigen den Anteil der Zelte (gelb), Hütten und Toiletten (orange).
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