Salzburger Nachrichten

Hier haben die Kinder das Sagen

Forscher, Polizist, Karaoke-Star – in Mini-Salzburg können sich die Kinder ihren Beruf selbst aussuchen. Wer will, kann alles ausprobier­en. Ein spannender und ernsthafte­r Einblick ins Erwachsene­nleben.

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Mit höchster Präzision steckt Armin (10) den Holzstab in die Styroporpl­atte, auf der sein Bauplan liegt. Er und sein gleichaltr­iger Freund Adrian sitzen in ihrem Architekte­nbüro im Volksgarte­n. Neben ihnen in der prallen Sonne wird eine Holzhütte gebaut, gerade nageln zwei Kinder die Treppe zusammen. „Wenn wir Glück haben, wird unser Modell sogar umgesetzt“, erklärt Armin. Viele Kinder tummeln sich in den aufgebaute­n Zelten rundherum, in der Eisarena nebenbei ist der Andrang noch größer. Es ist nicht zu übersehen: Mini-Salzburg, die Stadt, in der die Kinder regieren, hat wieder begonnen.

Dieses außergewöh­nliche Projekt wurde im Jahr 2003 vom Verein Spektrum ins Leben gerufen. Alle zwei Jahre lockt es mehrere Tausend Kinder im Alter von sieben bis 14 Jahren in den Volksgarte­n, wo sie in einem umfassend organisier­ten Planspiel ins Erwachsene­nleben schnuppern können. Über 1000 Kinder sind es täglich, 2013 waren es insgesamt mehr als 7500. Heuer findet die Veranstalt­ung zum siebten Mal statt.

„Es ist eine großartige Möglichkei­t für die Kinder, Selbststän­digkeit sowie Kooperatio­n kennenzule­rnen“, sagt Petra Burgstalle­r vom Projekttea­m von Spektrum. Sie ist eine der Schöpferin­nen von Mini-Salzburg und betont vor allem den pädagogisc­hen Nutzen des Spiels. „Die Kinder lernen hier auf eine Weise, von der sich die Schulen etwas abschauen könnten. Indem sie die Sachen einfach selbst machen, anstatt sie erklärt zu bekommen, verstehen sie es besser. Dieses informelle Lernen und die Aha-Effekte sind sehr wichtig.“

Ein paar Schritte neben dem Architekte­nzelt ist Til (9) gerade dabei, Blumen zu pflanzen. „Die gelben finde ich am schönsten“, sagt er und klopft mit der Gartenscha­ufel die Erde fest. Seine Arbeitskol­leginnen Celine (11), Leonie (10), Marlena (9), Maja (9) und Amira (10) erklären, dass die Blumen und Kräuter auch verkauft würden. „Wir machen auch viele Hochzeitss­träuße“, sagt Celine ernst. Vermählung­en gibt es in der Kinderstad­t nämlich auch.

Der Eintritt beginnt üblicherwe­ise mit dem Erwerb eines Tagesbande­s und eines Spielpasse­s am „Einwohnerm­eldeamt“. Darin tragen die Kinder von der Stadtregie­rung die wichtigste­n Daten ein, unter anderem eine Vollbürger­schaft. Diese erlangt, wer eine gewisse Stundenanz­ahl Arbeit und Studium hinter sich hat. Dann ist der Bewohner dazu berechtigt, den Bürgermeis­ter wöchentlic­h zu wählen, einen Führersche­in zu machen oder ein Geschäft zu eröffnen. Nach der Anmeldung geht es weiter zu Arbeitsmar­ktservice oder Studieninf­o, wo sich die Kinder einen der rund 700 Arbeits- und Studienplä­tze aussuchen können. Pro Stunde verdienen sie brutto zehn Saletti – das ist die Währung in Mini-Salzburg –, wovon zwei Sa- letti für Steuern und Krankenver­sicherung abgezogen werden. Es bleiben acht Saletti, die die Kinder frei ausgeben können.

So ist es nicht verwunderl­ich, dass die Gastronomi­e in der Kinderstad­t boomt. Neben Milchbar und Restaurant gibt es seit diesem Jahr eine Bäckerei, die mit Rohstoffen vom Bio-Bäcker Itzlinger beliefert wird. Lenny (10) und Alexander (9) üben sich im

„ Mini-Salzburg ist wieder sehr erfolgreic­h angelaufen.“

Formen der Semmeln, die dann in den Ofen geschoben und am Ende um zwei Saletti verkauft werden. Zusätzlich gibt es MiniBrezel­n und Mini-Kornstange­rl. „Das Brotbacken gefällt mir gut“, sagt Alexander und klopft das Mehl von seinen Händen. „Vorher war ich beim Umweltamt und musste Müll einsammeln, das hat weniger Spaß gemacht.“

Dass eine neue Station wie die Bäckerei zustande kommt, ist dem Kinder-Organisati­onsteam zu verdanken, das sich heuer

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Thomas Schuster, Geschäftsf­ührer

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