Salzburger Nachrichten

Da geht nichts mehr! Oder vielleicht doch?

Rechtzeiti­g vor der Sommerpaus­e lässt die Regierung Ansätze von Handlungsf­ähigkeit erkennen. Reicht das?

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SALZBURG.COM

Der Bundeskanz­ler, der im ZiB-2-Interview einen wohltuend kompetente­n Eindruck erweckt. Die Innenminis­terin, die sich in aller Stille mit der Slowakei über eine Kooperatio­n bei der Flüchtling­sbetreuung einigt. Der Finanzmini­ster, der auf dem besten Weg ist, einen riskanten Hypo-Milliarden­prozess mit dem Freistaat Bayern durch einen Vergleich abzuwenden: Die vergangene­n Tage haben gezeigt, dass die Regierung mitunter durchaus handlungsf­ähig ist.

Dies verdient vor allem deshalb hervorgeho­ben zu werden, weil in den vergangene­n Monaten der gegenteili­ge Eindruck entstanden ist. Man erinnere sich an das beschämend­e Kompetenz-Gezerre um die Lehrer, man erinnere sich an den menschenve­rachtenden Bassenastr­eit um die Aufteilung der Asylbewerb­er, man erinnere sich vor allem an die Unfreundli­chkeiten, die einander die Spitzenpol­itiker der beiden Regierungs­parteien bei diesen Gelegenhei­ten an den Kopf warfen. Der Beobachter musste den zwingenden Eindruck gewinnen: Da geht nichts mehr. Diese Regierung wird nichts mehr zustande bringen. Da helfen nur noch Neuwahlen.

Wenn die Regierungs­parteien, ehe sie sich in die Sommerpaus­e verabschie­den, diesen Eindruck nun durch einige lösungsori­entierte Aktionen ein wenig zerstreuen konnten, haben sie eine Atempause ge- wonnen, nicht mehr. Denn im Herbst warten geradezu monströse Vorhaben, darunter der neu zu verhandeln­de Finanzausg­leich. Dieser regelt die Aufteilung der Steuergeld­er zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Er erfordert nicht nur enormes Verhandlun­gsgeschick, sondern auch viel guten Willen auf allen Seiten.

Doch dieser gute Wille war zuletzt recht dünn, wofür die Regierungs­parteien nur einen Teil der Schuld tragen. Die schlimmste­n Reibereien zwischen SPÖ und ÖVP waren nämlich in Wahrheit keine Reibereien zwischen SPÖ und ÖVP, sondern zwischen dem Bund und den Ländern. Von der Schule bis zum Asylthema: Die Querschüss­e kamen aus den Landeshaup­tstädten, und zwar vorzugswei­se aus St. Pölten, mitunter auch aus Eisenstadt. Stets fiel dann die ÖVP in Richtung der Länder um, stets blieb die SPÖ als alleinige Vertreteri­n der Bundesinte­ressen übrig, stets gab es keine Problemlös­ung, sondern Verdruss bei den Bürgern. Sollte dieses Verhaltens­muster auch den Rest der Legislatur­periode prägen, sind wir zurück am Ausgangspu­nkt der Überlegung­en: Dann bitte Neuwahlen. Denn weitere drei Jahre einer solchen Versager-Strategie hält das Land nicht aus.

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