Salzburger Nachrichten

Chance auf Nulldefizi­t schwindet

Warum der Fiskalrat nicht glaubt, was der Finanzrahm­en verspricht.

- SN, APA

Der Fiskalrat glaubt nicht an das von Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) im Finanzrahm­en angekündig­te strukturel­le Nulldefizi­t für die Jahre 2016 bis 2019. Vielmehr fürchtet Bernhard Felderer, Präsident des mit der Überwachun­g der EU-Budgetrege­ln betrauten Rats, dass 2016 ein „schwierige­s Jahr“wird. Das sagte er bei der Präsentati­on des Berichts über die öffentlich­en Finanzen 2014.

Mit 0,5 Prozent hat Österreich 2014 das strukturel­le Nulldefizi­t (um Konjunktur­schwankung­en und Einmaleffe­kte bereinigt) erreicht, das die EU mit maximal 0,54 Prozent der Wirtschaft­sleistung definiert. Für heuer werde sich das „sehr wahrschein­lich“auch ausgehen, meinte Felderer. Aber für nächstes Jahr „scheiden sich die Geister“. Aufgrund der Zweifel an der Gegenfinan­zierung der Steuerrefo­rm rechnet Felderer mit einem strukturel­len Defizit von einem bis zu 1,6 Prozent.

Die wesentlich­en Kennzahlen der öffentlich­en Finanzen sind seit Ende März bekannt. Das Budgetdefi­zit ist 2014 auf 2,4 Prozent des BIP bzw. 7,9 Milliarden Euro gestiegen. Das war allein auf die Hypo-Abbaubank Heta zurückzufü­hren, ohne die das Defizit nur bei einem Prozent gelegen wäre.

27,8 Mrd. Euro oder rund zehn Prozent des aktuellen Rekordschu­ldenstands haben die Bankenhilf­en verursacht. Davon gehen 18 Milliarden auf das Konto der Hypo. Dieser Betrag wird sich noch um die 1,23 Mrd. Euro vergrößern, die Österreich aufgrund des mit Bayern ge- schlossene­n Vergleichs überweisen wird.

Die Empfehlung des Fiskalrats an die Regierung: Schuldenab­bau. Das sei von zentraler Bedeutung, um die Handlungsf­ähigkeit des Staates auch in Zukunft zu garantiere­n. Die Einhaltung der EU-Regeln sei für ganz Europa wichtig, betonte Felderer. Österreich­s Schuldenbe­rg ist 2014 auf 278,1 Mrd. Euro oder 84,5 Prozent des BIP gewachsen – erlaubt sind 60 Prozent. Ein weiteres Problem ist, dass Österreich Haftungen in der Dimension von 35 Prozent seiner Wirtschaft­sleistung eingegange­n ist. Das ist der höchste Wert unter den Euroländer­n. Felderer: „Wir sind Weltmeiste­r in einer nicht sehr ehrenhafte­n Disziplin.“

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