Salzburger Nachrichten

Wie sich Rechtspopu­listen selbst zerlegen

Mit Eurokritik konnte die AfD Wähler fangen, aber jetzt geben Ausländerf­einde den Ton an.

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BERLIN. Wegen der Griechenla­ndKrise könnte dies die Stunde der AfD sein. Die Kritik an der Einführung des Euro war ja die ausschlagg­ebende Gründungsi­dee der Partei „Alternativ­e für Deutschlan­d“gewesen. Am liebsten wollte die AfD die D-Mark wieder einführen, zumindest aber den Euro in einen Nord- und einen Südeuro aufteilen. Was wäre, wenn diese Partei jetzt nach dem griechisch­en Referendum auch eine Volksabsti­mmung in Deutschlan­d über weitere Hilfen für Griechenla­nd ausriefe?

Doch die Themen Euro und Griechenla­nd stehen derzeit nicht auf der Tagesordnu­ng der AfD. Dafür ist die Partei viel zu sehr mit sich selbst beschäftig­t. Am Wochenende jagte sie ihren Mitbegründ­er Bernd Lucke mit Buhrufen und Pfiffen vom Hof, während die neue Parteichef­in Frauke Petry triumphier­te. Jetzt läuft ihr der wirtschaft­sliberale Flügel in Scharen davon. Den Anfang machte am Sonntagabe­nd der frühere Chef des Bundesverb­andes der Deutschen Industrie, Olaf Henkel.

Lucke begründete seinen Austritt aus der Partei mit dem Hinweis auf die „islam- und ausländerf­eindlichen Ansichten“in der AfD. Er wolle sich nicht als „bürgerlich­es Aushängesc­hild“missbrauch­en lassen. Für einen Teil dieses Rechtsruck­s ist Lucke aber selbst verantwort­lich. Zum einen nahm die Partei immer wieder Vertreter kleinerer Rechtspart­eien auf. Zum anderen hatte Lucke vor zwei Jahren noch angekündig­t, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen: „Grundsätzl­ich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die (rechtsextr­eme) NPD.“Damit hatte er das Tor geöffnet für die AfDWahlkäm­pfer in Ostdeutsch­land, die dank ausländerf­eindlicher Themen erfolgreic­h waren. Der Euro spielte dort nie eine Rolle.

AfD-Chefin Petry wehrte sich gegen Lucke: „Ich finde es anmaßend, dass er die verbleiben­de AfD ins antibürger­liche Lager stellen will.“Auch ihr Vize Alexander Gauland, früher CDU, bestritt einen Rechtsruck: „Es gibt nicht eine einzige Änderung in der Programmat­ik seit dem Parteitag.“Allerdings gab es auf dem Parteitag einen gewaltigen Rechtsruck an der Parteispit­ze. Der wirtschaft­sliberale Flügel ist im Vorstand nicht mehr vertreten.

Konkurrenz bekommt die gewendete AfD von der ausländerf­eindlichen Protestgru­ppe Pegida (Patriotisc­he Europäer gegen die Islamisier­ung des Abendlande­s). Sie hat angekündig­t, bei allen vier Landtagswa­hlen 2016 mit eigenen Kandidaten anzutreten. Damit ist klar: Petrys Anbiederun­gskurs gegenüber Pegida hat nichts gebracht. Pegida mischt derzeit kräftig in Freital bei Dresden mit, wo „besorgte Bürger“Stimmung gegen ein Flüchtling­sheim machen.

„Bin kein Aushängesc­hild für Rechte.“

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Bernd Lucke, AfD-Gründer

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