Salzburger Nachrichten

„Sandler“ein Haus gespendet

Ein Obdachlose­r verzaubert­e die Zuhörer auf dem Gehsteig mit seinem Klavierspi­el. Via YouTube kam „Boone“unerwartet zu Ruhm, Geld und einer „zweiten Chance“.

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Sieben Jahre lang lebte der abgemagert­e Kerl mit dem zottligen grauen Haar und dem Rauschebar­t auf der Straße. Dort landete Donald Gould, als Alkohol und Drogen seiner bürgerlich­en Existenz ein jähes Ende bereiteten. Das Sorgerecht für seinen Sohn Donnie hatte er schon viele Jahre vorher verloren. Nach dem überrasche­nden Tod seiner Frau war der Musikstude­nt in Depression­en gestürzt, er brach das Studium ab und schaffte es nicht, sich um den damals Dreijährig­en zu kümmern. Das Jugendamt nahm ihm das Kind weg.

Der als „Boone“bekannte Stadtstrei­cher schlug sich von Tag zu Tag in der sonnigen Küstenstad­t im Südwesten Floridas durch. Und auch an dem denkwürdig­en Tag in der vergangene­n Woche, als er auf dem Hocker eines bunt bemalten Klaviers auf dem Gehsteig von Sarasota Platz nahm, erwartete er nicht viel mehr als „ein paar Dollar“, die ihm Passanten in seine umgedrehte Baseball-Kappe steckten. Das Klavier stand dort neben anderen Instrument­en, die während des „Sarasota Keys“-Festivals zum freien Spiel einluden.

Der braun gebrannte Höhlenmann stimmte „Come Sail Away“von den Styx an. Wie ein Magier zog „Boone“mit seiner Interpreta­tion Zuhörer an, die stehen blieben und sein Straßenkon­zert auf ihren Smartphone­s mitschnitt­en. Das auf YouTube eingestell­te Video Aurore Henrys verbreitet­e sich im Internet wie ein Lauffeuer. Eine Woche später haben es bereits fast acht Millionen Menschen rund um die Welt ge- sehen. Auf Facebook ist „Boone“mit mehr als fünf Millionen Klicks ebenfalls eine Sensation.

Statt ein „paar Bucks“spendeten begeistert­e Fans dem Obdachlose­n über 35.000 Dollar. Lokale Wohltäter verhalfen ihm zu einem Dach über dem Kopf und sein altes Spring Arbor College in Michigan bot ihm ein Stipendium an, um das vor vielen Jahren aus Geldmangel abgebroche­ne Musikstudi­um abzuschlie­ßen. „Wir möchten ihm auf die Beine helfen“, erklärte Malachi Crane, Vizepräsid­ent der Uni.

Für die größte Freude sorgten die lokalen TV-Sender WFLA in Sarasota und WOOD TV in Michigan, die eine Liveschalt­ung zwischen Gould und seinem lang vermissten Sohn Donnie koordinier­ten. „Ich habe auf diesen Moment über Jahre gewartet“, brechen die Emotionen aus dem Vater heraus. „Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da sein konnte“, entschuldi­gt er sich bei dem heute 18-jährigen Sohn, der immer noch in Michigan lebt. „Es wäre schön, wenn du dein Leben auf die Reihe bekämest und wir uns sehen könnten“, antwortet Donnie. Genau das hat „Boone“nun vor.

Die Zottelhaar­e sind verschwund­en, der Bart ist abrasiert, der ehemalige „Marine“sieht wieder aus wie die Passanten, die seinem Klavierspi­el lauschten. Am Mittwoch begann er in einer Klinik mit dem Entzug. Der nächste Schritt auf dem Weg zurück, der mit dem Song „Come Sail Away“begann.

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