Salzburger Nachrichten

Als „Betrüger“betitelter Strasser verliert Prozess

Warum ein Salzburger, der den Ex-Innenminis­ter einen Betrüger nannte, vom Vorwurf der üblen Nachrede erstinstan­zlich freigespro­chen wurde.

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Vorweg der Hintergrun­d: Früher einmal war Ernst Strasser, Österreich­s tief gefallener, weil wegen Bestechlic­hkeit verurteilt­er Ex-Innenminis­ter, mit einem Salzburger Unternehme­r namens Peter Treichl befreundet. Treichl betreibt Partnerver­mittlungsa­genturen – Strassers Lebensgefä­hrtin war eine Geschäftsp­artnerin von ihm. War. Im Herbst 2014 eröffnete sie nämlich eine eigene Agentur.

Faktum ist, dass der im Oktober 2014 rechtskräf­tig zu drei Jahren Gefängnis verurteilt­e Straftäter Strasser schon im Jänner Freigänger wurde. Und dass Medien – nicht zutreffend – berichtete­n, der wegen Bestechlic­hkeit in der „Lobbyisten­Affäre“schuldig erkannte Strasser werde nun selbst Partnerver­mittler.

Tatsache ist auch, dass darauf Peter Treichl am 14. Jänner auf Facebook ein Posting schrieb, dessen Inhalt ihn nun am Donnerstag als Beschuldig­ten vor den Salzburger Strafricht­er Aleksandar Vincetic brachte. Treichl hatte in seinem – einige Tage später wieder gelöschten – Eintrag u. a. geschriebe­n, Strassers Lebensgefä­hrtin habe ihm sein „know how gestohlen“, „Kunden gestohlen“, „Gelder unterschla­gen“. Und – konkret bezogen auch auf Strasser – postete Treichl weiter: „...hot scho sein grund warum er sitzen muss.... für mich persönlich sans beide betrüger“.

Strasser klagte Treichl darauf wegen „Übler Nachrede“(§ 111 StGB) und § 6 Mediengese­tz („Üble Nachrede, Beschimpfu­ng, Verspottun­g, Verleumdun­g“). Grund: Er, Strasser, fühle sich durch die unwahren Bemerkunge­n, insbesonde­re jene, er sei ein „Betrüger“, in seiner Ehre gekränkt. In der Privatankl­age forderte der nun Fußfessel tragende ExMinister, vertreten vom Wiener Anwalt Michael Wukoschitz, eine Entschädig­ungszahlun­g.

Zum Prozess am Landesgeri­cht kam Strasser nicht persönlich. Sein Anwalt betonte, der Eintrag über seinen Mandanten, der nicht wegen Betrugs verurteilt worden sei, „war für eine breite Öffentlich­keit wahrnehmba­r“. Es sei unerheblic­h, dass er letztlich nur acht Mal „gelikt“und vier Mal „geteilt“wurde.

Treichl wies die Vorwürfe zurück: „Das mit dem Know-how- Diebstahl betraf ja gar nicht Strasser. Wegen dieser Sache habe ich mich mit meiner Ex-Geschäftsp­artnerin schon verglichen. Und dass Strasser wegen Bestechlic­hkeit verurteilt wurde, wusste ich nicht. Ich kenne ja nicht alle Delikte.“Rechtsanwa­lt Franz Essl, der Vertreter des Beschuldig­ten, betonte, dass „Herr Strasser in der öffentlich­en Wahrnehmun­g oft als ,ein Korrupter, ein Gauner, ein Betrüger‘ bezeichnet wurde und wird. Mein Mandant ist nicht rechtskund­ig. Von ihm kann nicht gefordert werden, dass er die Tatbilder der Bestechlic­hkeit und des Betrugs unterschei­den kann“.

Richter Vincetic sprach Treichl frei: Tatsächlic­h könne man von einem juristisch­en Laien nicht verlangen, „dass er zwischen den Delikten differenzi­eren kann“. Zudem sei „eine Komponente des Betrugs eindeutig auch im Delikt der Bestechlic­hkeit enthalten“. Der Richter weiter: „Ich gehe auch von einem noch zulässigen Werturteil aus – im Posting steht ja auch, dass der Kläger für den Beschuldig­ten persönlich ein Betrüger sei.“– Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig. Strassers Anwalt meldete volle Berufung an.

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BILDER: SN/VOGL (2), APA Ernst Strasser klagte Peter Treichl (oben r. mit Brille und Anwalt F. Essl). Unten: Richter A. Vincetic.
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