Salzburger Nachrichten

„Nur mehr das nackte Leben“

Hypo-U-Ausschuss: Wolfgang Kulterer sieht sich als Sündenbock in der Milliarden­pleite.

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WIEN. Der ehemalige Chef der Hypo Alpe Adria, Wolfgang Kulterer, machte gleich in seinem Eingangsst­atement vor dem parlamenta­rischen U-Ausschuss klar, was er von seinen strafrecht­lichen Verurteilu­ngen wegen Untreue zu insgesamt sechseinha­lb Jahren Haft hält. „Ich habe Fehler und Fehlleistu­ngen begangen, aber keine kriminelle­n Handlungen. Mir ist klar, dass ich für viele den Kopf hinhalte, auch für Haider.“

Der 61-Jährige sieht sich als Sündenbock und Opfer der Strafjusti­z. Man habe ihn behandelt wie einen Schwerverb­recher. Er befinde sich in Privatinso­lvenz, habe drei Millionen Euro für Verteidige­r und Gerichtsko­sten ausgegeben. „Ich habe jetzt nichts mehr zu verlieren, ich habe nur mehr das nackte Leben“, erklärte Kulterer.

Zur erhofften Aufklärung vieler ungelöster Details in der Milliarden­pleite der Kärntner Skandalban­k konnte oder wollte Kulterer freilich nicht viel Neues beitragen. Wenn die Fragen der Abgeordnet­en heikel wurden, konnte er sich nicht mehr erinnern. Teilweise berief er sich auch auf sein Entschlagu­ngsrecht, denn trotz mehrerer rechtskräf­tiger Verurteilu­ngen ermitteln seinem Verteidige­r zufolge die Staatsanwa­ltschaften in Kärnten und München noch in mehr als zehn Fällen gegen den Manager.

Wie war jetzt die Beziehung zum Eigentümer­vertreter der Hypo, dem verstorben­en Kärntner Landeshaup­tmann Jörg Haider (FPÖ), wirklich? „Seine Wunschvors­tellungen führten immer wieder zu Konflikten mit mir. Ich konnte und wollte seine Wünsche nicht erfüllen.“Kulterer bestritt, dass die Bank unter seiner Führung ein Selbstbedi­enungslade­n des Landes Kärnten gewesen sei. Im Gegenteil. „Weil ich von Raiffeisen zur Hypo gekommen bin, hat er mich immer verdächtig­t, dass ich einmal gegen ihn für die ÖVP kandidiere­n könnte.“Mit dieser Aussage hat er zumindest die Lacher auf seiner Seite.

Er gestand zwar ein, mit Haider per Du gewesen zu sein: „Der war mit 50 Prozent der Kärntner per du, also auch mit mir.“Ebenfalls eine Mär sei, dass die Hypo unter seiner Führung „das idiotische Fußballsta­dion“gesponsert habe. „Es gab dafür keinen Euro“, so Kulterer. Und weiter: „Emotional hat Haider enormen Druck aufgebaut. Ich habe mich diesem bis auf wenige Ausnahmen nicht gebeugt.“

Weniger auskunftsf­reudig zeigte sich Kulterer zu den Vorgängen rund um die Swapverlus­te der Hypo in Höhe von 328 Millionen Euro, die bereits Anfang 2004 anfielen, aber erst im März 2006 öffentlich wurden. Offensicht­lich hatte Kulterer lange Zeit versucht, die Verluste zu verbergen. Jedenfalls verständig­te er den Aufsichtsr­at erst im Mai 2005, ein halbes Jahr nachdem er selbst über die Abgänge informiert worden war. Und Landeshaup­tmann Haider erfuhr davon überhaupt erst zwei Tage vor den ersten Artikeln in den Medien. Kulterer vermutet, dass die Finanzmark­tauf- sicht (FMA) im Auftrag des damaligen Finanzmini­sters KarlHeinz Grasser an die Öffentlich­keit ging (was diese vehement bestreitet). „Die Vorgangswe­ise der FMA war unverantwo­rtlich, die brutalste Schädigung der Bank. Meine erste Vermutung: Das war die Rechnung von Grasser gegen Haider!“

Zur Erklärung: Haider hatte die schwarz-blaue Koalition Ende 2002 platzen lassen, woraufhin Grasser von der FPÖ zur ÖVP wechselte. Kulterer wurde im Zusammenha­ng mit den Swapverlus­ten übrigens wegen Bilanzfäls­chung verurteilt. Denn in der Bilanz 2005 hatte die Hypo die Abgänge nicht ausgewiese­n.

Gut 1,6 Milliarden Euro hatte die Bayerische Landesbank im Mai 2007 für die Mehrheit an der Hypo bezahlt. Ob der Preis angemessen war? „Das war am obersten Limit. Die Bank wurde im optimalste­n Zeitpunkt zu einem exorbitant­en Preis verkauft“, betonte Kulterer. Von einer Täuschung der Bayern könne keine Rede sein. Die Käufer hätten über alle Risikokred­ite von 1,6 Milliarden Bescheid gewusst. Und sie hätten selbst das Kreditvolu­men weiter in die Höhe getrieben – auf 2,5 Milliarden bis zur Notverstaa­tlichung Ende 2009.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Schäubchen­weise . . .
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BILD: SN/APA Wolfgang Kulterer

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