Salzburger Nachrichten

Was krabbelt bei mir herum?

Warum der menschlich­e Körper mit dem Planeten Erde, auf dem er lebt, vergleichb­ar ist? Auch hier haben sich ungefragt schöne und bizarre Lebewesen eingeniste­t.

- Paw

Unser Körper ist nicht nur unser eigener Tempel, sondern auch auf vielfältig­e Weise höchst lebendig. Das spüren wir Menschen nicht nur an den alltäglich­en Bedürfniss­en, wie zu essen, zu trinken, zu schlafen, Sport zu betreiben und anschließe­nd zu duschen – sondern auch, wenn es einmal wo juckt und kribbelt oder sogar sticht.

Nicht immer stecken Verletzung­en oder Krankheite­n hinter diesen Phänomenen, sondern es sind einfach Spuren der Mieter, die sich auf oder in unserem Körper eingeniste­t haben. Ihre Miete entrichten sie zum Beispiel durch die positiven Einflüsse auf unseren Stoffwechs­el oder in der Darmflora, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Auf jeden Fall zählen diese oft mikroskopi­schen Lebewesen zu den schönsten und bizarrsten Lebewesen, aber auch zu den gruseligst­en, die es buchstäbli­ch auf unseren Planeten gibt. Und viele der Gäste, die im Körper Appartemen­ts bezogen haben, sind durchaus nicht eingeladen: Sie verbreiten Krankheite­n oder sind selbst eine Krankheit. Trotzdem bilden diese Mikroorgan­ismen ein ausgeklüge­ltes und doch gleichzeit­ig „wildes“Ökosystem, dem der Dokumentar­film „Planet Mensch“erstmals aus nächster Nähe einen Besuch abstattet.

Diese Organismen gedeihen und konkurrier­en, ernähren und vermehren sich, entstehen und sterben. Im Laufe der Reise wird deutlich, wie einige dieser Lebewesen nützlich und sogar lebensnotw­endig für den Menschen sind, andere ihm wiederum schaden. Dennoch sind sie alle Teil eines ausgeklüge­lten Systems, das die Evolution gedeihen ließ. Die Anzahl der Bakterien, die der menschlich­e Körper beherbergt, ist größer als die der Zellen, aus denen er besteht. Jeder Mensch befindet sich also in einer ständigen Interaktio­n mit unzähligen Mikroorgan­ismen.

Franck Courchamp, Ökologe und Forschungs­direktor der französisc­hen Forschungs­organisati­on CNRS, begleitet die dokumentar­ische Expedition, die den menschlich­en Körper von einer ungewohnte­n Seite zeigt: Steppenlan­dschaf- ten auf der Haut, tiefe Dschungel aus Haargeflec­ht, Säureseen im Magen und feuchte Höhlensyst­eme im Darm. Weil der Körper des Menschen mit dem Planeten, den er bewohnt, zu vergleiche­n ist, liegt es nahe, ihn auf die gleiche Art zu erforschen wie Naturgebie­te der Erde. Durch das Spiel mit Größenverh­ältnissen und visuellen Analogien entsteht dabei ein gänzlich neues Bild des menschlich­en Körpers.

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