Salzburger Nachrichten

Strengere Gesetze für Handynutzu­ng im Auto

Keine SMS oder E-Mails mehr am Steuer. Ein Experte fordert noch mehr Konsequenz: Auch das Rauchen sollte verboten werden.

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WIEN. SMS schreiben, E-Mails checken oder Facebook-Einträge verfassen: Das Handyverbo­t am Steuer soll künftig im Gesetz strenger formuliert werden. Das Verkehrsmi­nisterium schickt kommende Woche eine Novelle zum Kraftfahrg­esetz (KFG) in Begutachtu­ng. Darin wird präzisiert, dass der Gebrauch eines Mobiltelef­ons nur zum Telefonier­en mithilfe einer Freisprech­einrichtun­g oder als Navigation­ssystem erlaubt ist. Letztgenan­ntes aber nur dann, wenn sich dafür eine Halterung im Fahrzeug befindet. Bisher lautete die Formulieru­ng: „Während des Fahrens ist dem Lenker das Telefonier­en ohne Benützung einer Freisprech­einrichtun­g verboten.“Die KFG-Novelle sei notwendig geworden, weil Handys heutzutage nicht mehr nur zum Telefonier­en verwendet würden, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Verkehrsmi­nister Alois Stöger (SPÖ). Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ergänzte: Mit der KFG-Novelle werde dem technologi­schen Fortschrit­t Rechnung getragen.

Dass die Ablenkung am Steuer gefährlich ist, zeigt eine aktuelle Studie des Kuratorium­s für Verkehrssi­cherheit (KfV). Demnach werden täglich 200.000 SMS am Steuer geschriebe­n und rund 900.000 Telefonate ohne Freisprech­einrichtun­g geführt. Letzteres führt zu einem fünf Mal höheren Unfallrisi­ko: Telefonier­en- de Fahrer begehen um 40 Prozent mehr Fahrfehler und ein SMS schreibend­er Lenker benötigt bis zu fünf Sekunden, um auf Gefahren zu reagieren, wie es in der Studie heißt.

Der Verkehrscl­ub Österreich (VCÖ) begrüßt das Smartphone­Verbot am Steuer und fordert mehr Kontrollen. Zudem solle das Vergehen in das Vormerksys­tem aufgenomme­n werden. Der VCÖ äußerte auch Kritik an der Höhe des Strafmaßes beim Verstoß gegen das Te- lefonierve­rbot am Steuer. Die Strafen von 50 Euro – oder bei einer Anzeige 72 Euro – spiegelten das Unfallrisi­ko nicht wider. In vielen EUStaaten seien die Strafen wesentlich höher: In Frankreich sind es 135 Euro, in Italien 160 Euro und in Spanien sogar 200 Euro. Spitzenrei­ter sind die Niederland­e mit 230 Euro.

Auch der Autofahrer­club ÖAMTC steht der geplanten Gesetzesno­velle grundsätzl­ich positiv gegenüber – „als bewusstsei­nsbildende Maßnahme“. ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer sagte dazu: „Die enge Fassung des Telefonier­verbots aus dem Jahr 1999 ist leider von vielen als Freibrief interpreti­ert worden, mit dem Mobiltelef­on andere Dinge sehr wohl tun zu dürfen.“Die Neuerung sei logisch, denn sie schreibe die bisherige ausdehnend­e Recht- sprechung des Verwaltung­sgerichtsh­ofs gesetzlich fest, der „jede Verwendung eines Handys ohne Freisprech­einrichtun­g zu Fernsprech­zwecken“für strafbar erklärt habe. „Damit waren das Einschalte­n des Handys, das Abhören der Mobilbox und das Schicken von SMS eigentlich jetzt schon verboten.“Abgesehen vom ausdrückli­chen Handyverbo­t bestehe aber auch die allgemeine Verpflicht­ung, dass man ein Fahrzeug nur dann lenken dürfe, wenn man sich in einer ausreichen­den geistigen oder körperlich­en Verfassung befinde. Für den Juristen ist klar: „Daher besteht abseits des ausdrückli­chen Handyverbo­ts auch ein allgemeine­s Verbot, sich ablenken zu lassen oder ablenkende Tätigkeite­n auszuführe­n.“Die geplante Novelle sollte aber auch für das kürzlich in Kraft getretene Handyverbo­t für Radfahrer angepasst werden.

Einen Schritt weiter geht Gerhard Kronreif. Er ist gerichtlic­her Sachverstä­ndiger für Verkehrsun­fälle in Salzburg. Auch er hält eine Gesetzesno­velle für „eigentlich nicht notwendig“. Die Straßenver­kehrsordnu­ng fordere ohnehin konzentrie­rtes Fahren. Kronreif führt aber aus: „Wäre man konsequent, müsste man auch das Rauchen am Steuer verbieten.“Das sei noch gefährlich­er. Das gelte aber auch für den Verzehr von Nahrungsmi­tteln. Aus der Praxis weiß er, dass es immer wieder zu Unfällen kommt, weil Lenker unaufmerks­am waren. „Die Blickabwen­dung ist das Problem“, sagt er. Vor Gericht werde das streng geahndet.

„Müsste auch das Rauchen verbieten.“

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Gerhard Kronreif, Sachverstä­ndiger

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