Salzburger Nachrichten

Schreie aktivieren Angst im Gehirn

Mit Änderungen in der Lautstärke setzen sie sich von der Sprache ab.

- SN, dpa

Die aufschreck­ende Wirkung des menschlich­en Schreis kommt durch seine einzigarti­gen Schwankung­en in der Lautstärke zustande. Je schneller ein Ton in der Lautstärke variiert, umso stärker reagiert die Amygdala, das Angstzentr­um des Menschen darauf. Das hat ein Team um David Poeppel, Direktor am Max-PlanckInst­itut für empirische Ästhetik in Frankfurt, herausgefu­nden. Die Lautstärke allein reiche nicht aus.

Die Forscher gingen mit einer Reihe von Experiment­en der Signalwirk­ung des Schreis auf den Grund: So legten sie eine Geräuschda­tenbank mit menschlich­en und nichtmensc­hlichen Lauten an und ma- ßen die Angstreakt­ion der Probanden mit speziellen Hirnbilder­n. Diese war umso größer, je schneller die Lautstärke schwankte.

Während die Lautstärke einer normalen Unterhaltu­ng nur eine Schwankung­srate von vier bis fünf Hertz habe, seien es beim Schrei 30 bis 150 Hertz, sagen die Forscher. Sie sprechen dann von einer Rauigkeit des Tons. Der Schrei besitze somit eine akustische Nische, die ihn von anderen Tönen unterschei­de, sagt Poeppel. „Dadurch erfüllt ein Schrei immer seine Wirkung.“Die Forscher präsentier­en ihre Ergebnisse im Journal „Current Biology“.

Ähnliche Reaktionen wie Schreie lösten auch nicht menschlich­e Alarmgeräu­sche aus. „Mit diesen Erkenntnis­sen können Alarmsigna­le noch weiter optimiert werden“, sagte Luc Arnal, Neurowisse­nschafter an der Universitä­t Genf und der New York University. „Denn je rauer der Ton, desto schneller nehmen wir ihn wohl auf.“In der Evolution hätten sich sich die Produktion von rauen Schreien und eine hochsensib­le Reaktion auf diese wahrschein­lich als überlebens­wichtig bewährt, sagte Poeppel. Um die Eigenschaf­ten des menschlich­en Schreis weiter zu erforschen, ist dieselbe Analyse mit Tierschrei­en und menschlich­en Kinderschr­eien geplant.

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