Mindestsicherung wird immer kostspieliger
Was der Asylbewerber-Ansturm mit den Sozialausgaben zu tun hat. Und was das für die Städte und Gemeinden bedeutet.
WIEN. Die immer größer werdende Zahl an Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen führt zu stark wachsenden Sozialausgaben für Grundversorgung und Mindestsicherung. Das sorgt bei den eben begonnenen Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden für Zündstoff. „Wenn wir heuer Steigerungen von 20 Prozent und mehr haben, wird das die Städte, Gemeinden und auch die Länder massiv überfordern“, sagt Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer.
Anerkannte Flüchtlinge zieht es vor allem in die größeren Städte, besonders in die Bundeshauptstadt. Da die Anerkennung derzeit relativ schnell geht, weil vor allem Asylbewerber aus Kriegs- und Krisengebieten (Syrien, Afghanistan, Somalia) kommen, sind sie aufgrund fehlender Sprachkenntnisse so gut wie chancenlos auf dem Arbeitsmarkt – und beziehen Mindestsicherung. Mödlhammer hat sich angesehen, wie sich die Ausgaben für die Mindestsicherung in den vergangenen drei Jahren in mehreren Hauptstädten entwickelt haben. Ergebnis: In Linz seien die Kosten in den Jahren 2012 bis 2014 von 7,3 Mill. auf 10,7 Mill. Euro gestiegen, in Graz von 20,5 Mill. auf 34,2 Mill. Euro und im „Hotspot Wien“(Mödlhammer) von 412 Mill. auf 470 Mill. Euro. Bisher handle es sich nur bei zehn bis 15 Prozent der städtischen Mindestsicherungsbezieher um anerkannte Flüchtlinge, die Tendenz weise aber deutlich nach oben, da heuer nicht nur die Zahl der Asylsuchenden, sondern auch die Aner- kennungsquote massiv steige. „Zuletzt“, sagt Mödlhammer, „hatten wir eine Anerkennung von etwa 30 Prozent, heuer geht man von mehr als 40 Prozent aus.“Die Gebietskörperschaften müssten sich rasch etwas überlegen, damit die Ausgaben für die Mindestsicherung nicht davongaloppierten, sagt Mödlhammer und nennt gleich einige Vorschläge. Erstens: „Sprachkurse, Sprachkurse, Sprachkurse, schon während des Asylverfahrens.“Das sei zwar im ersten Moment teurer, mittel- bis langfristig aber deutlich billiger, weil die Flüchtlinge dann weniger lang Mindestsicherung bezögen. Zweitens: Gemeinnützige Tätigkeiten müssten entbürokratisiert werden, damit die Asylbewerber von Anfang an in den Gemeinden beschäftigt und damit integriert werden könnten.
Und Mödlhammer weiter: „Wir sollten uns schon auch die Frage stellen: Muss der sofortige Anspruch auf volle Mindestsicherung sein?“800 Euro seien relativ viel – schon im europäischen Vergleich, aber ganz besonders im Verhältnis zum Einkommensniveau in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Rechtlich sei diese Frage heikel, bekennt der Gemeindebundchef. Aber es sei nun einmal eine Tatsache, dass es die Asylsuchenden besonders stark in ausgeprägte Wohlfahrtsstaaten wie Schweden, Österreich und Deutschland ziehe. „Die haben die Hauptlast zu tragen.“
Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich bereits dafür ausgesprochen, die Mindestsicherung für Flüchtlinge teilweise durch Sachleistungen zu ersetzen.
„Muss der sofortige Anspruch auf volle Mindestsicherung sein?“