Salzburger Nachrichten

Tanzen durchs Zeitalter der Peinlichke­it

Die Luftgitarr­e lässt das Papa-Tochter-Verhältnis ins Wanken geraten.

- Bernhard Flieher WWW.SALZBURG.COM/FLIEHER

„Einer der größten Vorteile des Kinderkrie­gens besteht darin, dass man als Erwachsene­r wieder all die Kindersach­en machen kann, ohne dumm angeschaut zu werden“, schrieb Martenstei­n kürzlich in einer Kolumne. Ja eh, schreibe ich ihm zurück. Sandburgen bauen. Durch Wasserlach­en plantschen. Ein bisserl mehr unordentli­ch sein als erlaubt. Ich habe dann aber gar nicht gleich bemerkt, dass nur mehr ich das G’wand herumliege­n lasse, während Lolinger es fein säuberlich in den Kasten räumt. Und so steh ich jetzt auch da mit der Luftgitarr­e in der Hand an einem warmen Sommeraben­d mitten auf dem Marktplatz und singe (jedenfalls bin ich überzeugt, dass man es „singen“nennen kann) mit dieser halb guten Band „Knocking On Heaven’s Door“. Singen. Tanzen. Kindersach­en eben. Doch dann höre ich: „Du, lass das! Du bist peinlich, Papa.“Lolinger schüttelt den Kopf und geht. Vielleicht spielen Kinder also gar nicht Luftgitarr­e, sondern nur Papas, die bloß in drei Akkorden denken. Ob das so ist, habe ich nicht mehr rausgefund­en. Manchmal nämlich, meist an der Schattenli­nie, an der Kindsein und Erwachsenw­erden sich begegnen, hat es Sinn und stiftet Entspannun­g, wenn man nicht so genau nachfragt. Ich lege also die Luftgitarr­e weg, bestelle Lolinger eine Pizza und mir ein Sprite. Und wir unterhalte­n uns darüber, ob sie ein neues Top braucht, wenn sie morgen mit Oma eine Shopping-Tour macht.

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