Tanzen durchs Zeitalter der Peinlichkeit
Die Luftgitarre lässt das Papa-Tochter-Verhältnis ins Wanken geraten.
„Einer der größten Vorteile des Kinderkriegens besteht darin, dass man als Erwachsener wieder all die Kindersachen machen kann, ohne dumm angeschaut zu werden“, schrieb Martenstein kürzlich in einer Kolumne. Ja eh, schreibe ich ihm zurück. Sandburgen bauen. Durch Wasserlachen plantschen. Ein bisserl mehr unordentlich sein als erlaubt. Ich habe dann aber gar nicht gleich bemerkt, dass nur mehr ich das G’wand herumliegen lasse, während Lolinger es fein säuberlich in den Kasten räumt. Und so steh ich jetzt auch da mit der Luftgitarre in der Hand an einem warmen Sommerabend mitten auf dem Marktplatz und singe (jedenfalls bin ich überzeugt, dass man es „singen“nennen kann) mit dieser halb guten Band „Knocking On Heaven’s Door“. Singen. Tanzen. Kindersachen eben. Doch dann höre ich: „Du, lass das! Du bist peinlich, Papa.“Lolinger schüttelt den Kopf und geht. Vielleicht spielen Kinder also gar nicht Luftgitarre, sondern nur Papas, die bloß in drei Akkorden denken. Ob das so ist, habe ich nicht mehr rausgefunden. Manchmal nämlich, meist an der Schattenlinie, an der Kindsein und Erwachsenwerden sich begegnen, hat es Sinn und stiftet Entspannung, wenn man nicht so genau nachfragt. Ich lege also die Luftgitarre weg, bestelle Lolinger eine Pizza und mir ein Sprite. Und wir unterhalten uns darüber, ob sie ein neues Top braucht, wenn sie morgen mit Oma eine Shopping-Tour macht.