Als Salzburg sich um Flüchtlinge kümmerte
Wer weiß vom Lager „Camp Herzl“mitten in der Stadt? Ein Theaterprojekt erinnert daran.
Jeder Ort, jedes Haus erzählt Geschichte. Ein Stück verschütteter Salzburger Stadtgeschichte will nun das ThomasBernhard-Institut der Universität Mozarteum ans Licht heben: Das imposante Gebäude in der ParisLodron-Straße 9, ehemals Franz-Josef-Kaserne, ist heute Sitz der Schauspiel- und Regieabteilung des Mozarteums. In dem Gebäude war von 1945 bis 1947 ein jüdisches Flüchtlingslager, „Camp Herzl“, untergebracht. Bis zu 2000 Flüchtlinge waren dort einquartiert und war- teten auf die Möglichkeit zur Ausreise: nach Südamerika, in die USA und – illegal – nach Palästina. Sie waren Teil eines gewaltigen Flüchtlingsstroms, der Hunderttausende auf der Suche nach einer neuen Heimat durch Salzburg führte, auf der Flucht aus Europa.
Österreichische, deutsche und israelische Studierende der Universität Tel Aviv und des Mozarteums sind den Spuren der damaligen Flüchtlinge nachgegangen und haben mit Zeitzeugen in Österreich und in Israel gesprochen. Entstan- den ist, in deutscher, hebräischer und englischer Sprache, ein vielstimmiges Stück Zeitgeschichte, „ein Abend über falsche und echte Hochzeiten, wechselnde Identitäten, gefälschte Papiere, illegale Grenzübertritte, wahre Freundschaft und das kollektive Vergessen“, wie es in einer Aussendung heißt. Damit führt man das 2014 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführte Rechercheprojekt zum Ersten Weltkrieg, „36566 Tage“, weiter.
Die Projektentwicklung leiteten die israelische Theater- und Fern- sehregisseurin Dedi Baron, der deutsche Autor und Dramatiker Paul Brodowsky, Dramaturg Christoph Lepschy und die Münchner Regisseurin Christine Umpfenbach, die mit Stadtteilprojekten für die Münchner Kammerspiele und ihrer bewegenden Theaterrecherche „Urteile“über die Opfer der NSU im Residenztheater aufsehenerregende Dokumentararbeiten machte.
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