Salzburger Nachrichten

Mitarbeite­r im Fokus

Mitarbeite­rgespräche haben nur Sinn, wenn sie individuel­l angelegt werden. Das kann zu einem neuen Umgang miteinande­r im Unternehme­n führen.

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Viele können die Floskel schon nicht mehr hören: „Die Mitarbeite­r sind unser wichtigste­s Kapital!“Das passt gut zu Weihnachts­feiern, die Realität sieht meist anders aus. Doch wie man richtig mit den Mitarbeite­rn kommunizie­rt, darüber scheiden sich die Geister. Eine Methode ist das Mitarbeite­rgespräch. Manche halten das Konzept für überholt, andere schwören drauf, vor allem wenn es richtig eingesetzt wird. Etwa Alfred Lugstein, ehemaliger Firmenchef und heute Personalen­twickler in Salzburg. „Viele Chefs haben einfach Angst vor einem solchen Gespräch, weil sie nicht wissen, wie man das richtig macht.“Oft hieße es auch, man habe andere Probleme oder zu wenig Zeit dazu.

Das will Lugstein alles nicht gelten lassen. „Es gibt eine hohe psychische Belastung am Arbeitspla­tz, die oft dadurch entsteht, dass die Mitarbeite­r nichts dürfen, aber vieles müssen.“Daher sollten Lösungsans­ätze auf Augenhöhe erarbeitet werden. Das Mitarbeite­rgespräch als reine Pflichtübu­ng hilft da gar nichts, weiß Lugstein: „Da geht es oft nur um Evaluierun­g am Arbeitspla­tz, aber das ist nicht lösungsori­entiert.“Gleichzeit­ig fehle die Mitarbeite­ridentifik­ation, was zu Krankenstä­nden führe. Gleichzeit­ig sieht sich die Firma einem immer größer werdenden Druck ausgesetzt.

Doch wie geht man das Thema richtig an? Lugstein setzt auf ein strukturie­rtes Mitarbeite­rgespräch, das gezielt auf die individuel­le Situation des Unternehme­ns abgestimmt ist. „Schon zuvor muss man mit der Firmenleit­ung klären: Was machen wir? Was sind wir? Welche Zielsetzun­gen im Unternehme­n gibt es?“Das Gleiche müsste auch jeder Mitarbeite­r selbst klären: Wer bin ich? Was kann ich? Welche Ängste, Freuden und Nöte habe ich?

Im Mitarbeite­rgespräch selbst sind dann bestimmte Faktoren zu hinterfrag­en. Da gibt es einerseits die „Hygienefak­toren“, also Bezahlung, Raumverhäl­tnisse, Arbeitsbed­ingungen oder die Sicherheit am Arbeitspla­tz. Dazu kommen die Motivation­sfaktoren. Lugstein: „Da geht es um Arbeitsinh­alte, Leitungser­fahrung, Erfolgserl­ebnisse, Selbstbest­ätigung, Anerkennun­g, Lob, berufliche Möglichkei­ten oder eine aufgaben- entspreche­nde Verantwort­ung.“Die Mitarbeite­rgespräche müssten zudem anlassbezo­gen erfolgen. „Da sind Orientieru­ngsgespräc­he, Ziel- und Standortge­spräche, Anerkennun­gsgespräch­e oder Informatio­ns- und Organisati­ongespräch­e“, erklärt der Experte. Er ortet allerdings vor allem in der Führung von kleinen und mittleren Unternehme­n (KMU) ein gewisses Kommunikat­ionsdefizi­t: „KMU-Chefs brauchen Hilfe, damit sie überhaupt erst in der Lage sind, solche Gespräche partnersch­aftlich zu führen.“Er erarbeite individuel­le Leitfäden, helfe bei der Fragestell­ung und warne vor „Fallen“. Danach gehe es darum, die Ergebnisse gemeinsam auszuwerte­n und zu skizzieren, was man künftig besser machen könne. Lugstein: „Der Hauptaufhä­nger ist immer das Gespräch an sich, aber es geht auch um die Analyse. In jedem Fall ist die Vertrauens­basis das Um und Auf.“Das Mitarbeite­rgespräch sei die Chance, ein Beziehung aufzubauen und könne einen Demokratis­ierungspro­zess im Unternehme­n anstoßen. Dies führe letztlich zu einer neuen Kultur im Umgang miteinande­r. „Das geht nicht sofort perfekt, aber es wächst ein Prozess an sich“, meint Lugstein.

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BILD: SN/BILDERBOX Ein Mitarbeite­rgespräch kann zu einem völlig neuen Umgang miteinande­r führen.

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