Salzburger Nachrichten

Sie fangen ganz von vorn an – auch mit Deutsch

„Wie geht es dir?“, fragt ein junger Syrer. Es sind die ersten Worte, die ihm die Tür zu Österreich öffnen sollen. Dass er sie sprechen kann, verdankt er Salzburger­n. Zu Besuch in den Deutschkla­ssen des Zeltlagers.

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Wolfgang Schwarzhau­pt steht vor der hellen Zeltwand und schreibt mit einem Stift Worte auf eine weiße Tafel. Der 65-Jährige dreht sich um und sagt laut zu den rund zehn jungen Männern, die um ihn versammelt auf Bänken sitzen: „Wir lernen jetzt die Monate.“Er zählt langsam auf: „Jänner, Februar, März, . . .“Seine Schüler sind Flüchtling­e aus dem Zeltlager an der Alpenstraß­e in Salzburg. Die- ses ist auch der Schauplatz des Geschehens. Eifrig schreiben sie auf ihren Blöcken mit. Dann sind sie abwechseln­d dran, die Worte nachzuspre­chen.

Es ist zehn Uhr am Morgen und die einstündig­en Deutschkla­ssen im Zeltlager haben gerade begonnen. Schwarzhau­pt ist nicht der Einzige, der den Flüchtling­en Unterricht gibt. Insgesamt 15 Salzburger haben sich bereit erklärt, den Männern der Zeltstadt zu helfen. Rund 50 der 250 Flüchtling­e haben sich an diesem Mor- gen zum Lernen eingefunde­n. Jeweils fünf bis sechs „Schüler“und ein Lehrender gruppieren sich auf den Bierbänken, die in den drei Zelten am vorderen Ende des Lagers stehen.

Die Lehrenden sind allesamt freiwillig hier – mit dem Ziel, den Flüchtling­en eine sinnvolle Aufgabe zu geben. Seit fast vier Wochen läuft der Versuch und wird sukzessive erweitert. Franziska Clary ist eine der Initiatori­nnen des Projektes. Sie ist die Frau des ehemaligen BMW-Geschäftsf­üh- rers Felix Clary und Aldringen und seit Jahren sozial engagiert. Am Anfang waren es die ehemalige Landesräti­n Doraja Eberle und sie, die die Notwendigk­eit der Deutsch-Nachhilfe im Zeltlager gesehen haben. „Der Bedarf war eindeutig vorhanden. Ständig fragten uns die Flüchtling­e, was dies und jenes hieße und ob wir

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Lehrern zu.
BILD: SN/KOLARIK/LEO Aufmerksam hören die Flüchtling­e den Lehrern zu.

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