Salzburger Nachrichten

Wie fremde Schädlinge die Gärten befallen

Mit Schiff und Flugzeug kommen immer öfter Insekten und Pflanzen als „blinde Passagiere“ins Land. Mit teilweise dramatisch­en Folgen.

- FRITZ PESSL

WIEN. Was haben die Kirschessi­gfliege, der Buchsbaumz­ünsler, der Laubholzbo­ckkäfer und der Maiswurzel­bohrer gemeinsam? Alle diese Insekten wurden von anderen Kontinente­n nach Österreich eingeschle­ppt und bedrohen jetzt als Schädlinge die ursprüngli­che biologisch­e Vielfalt. Rund 600 nicht heimische Tiere und über 1000 fremde Pflanzen haben sich bereits in heimischen Gefilden ausgebreit­et. „Jedes Jahr kommen neue Arten dazu, manche mit drastische­n Folgen“, erzählt Franz Essl, Ökologe beim Umweltbund­esamt und Spezialist für biologisch­e Invasionen.

Diese sogenannte­n Neobiota vermehrten sich in manchen Fällen explosions­artig. „Für sie ist die neue Heimat ein Schlaraffe­nland. Sie finden viel Nahrung vor und wenig Feinde, weil Krankheits­erreger und Parasiten im Ursprungsl­and geblieben sind“, erklärt Essl. Im Endeffekt sei die Verbringun­g eine Folge der Globalisie­rung. „Die Welt für Pflanzen und Tiere ist sehr klein geworden durch die Tätigkeit des Menschen. Es gibt keine Ausbreitun­gsbarriere­n mehr, wenn das Klima passt“, betont der Wissenscha­fter.

Zusätzlich fördere der Klimawande­l, die Tendenz zu heißeren und trockenere­n Sommern, die Verbreitun­g der Neobiota, da diese durchwegs aus wärmeren Gebieten stammten. „Besondere Problemzon­en sind Städte und Tieflagen. Es ist belegt, dass viele Arten zuerst in Städte eingeschle­ppt werden“, sagt Essl.

Während manche Zier- und Topfpflanz­en wegen ihrer Schön- heit bewusst von Gartenhänd­lern importiert werden, kommen ungebetene Gäste als „blinde Passagiere“ins Land. Sie werden im Holz oder im Erdreich mit Containers­chiffen mittranspo­rtiert. Die Liste der Schädlinge, die Gartenbesi­tzern, Forstbehör­den und vor allem Landwirten zu schaffen machen, ist lang. Buchsbaumz­ünsler: Der Falter stammt au Ostasien, seine Raupen wurden erstmals 2006 in Deutschlan­d gefunden. Sie haben in den vergangene­n Jahren ganze Buchsbaumk­ulturen kahl gefressen. Laubholzbo­ckkäfer: Der Käfer stammt aus Ostasien, ist jedoch mittlerwei­le auch in den USA und in Mitteleuro­pa als Holzschädl­ing gefürchtet. Er wurde mit Bau- und Verpackung­sholz eingeschle­ppt. Befallene Laub- und Obstbäume sterben in den meisten Fällen ab. Kirschessi­gfliege: Das Insekt stammt aus Südostasie­n und tauchte im September 2011 erstmals in Österreich auf. Heute wird die Fliege zur Plage für Winzer. Sie frisst sich durch alle Weingärten, reife Trauben werden ausgesaugt. Maiswurzel­bohrer: Der Blattkäfer war ursprüngli­ch in Mittelamer­ika (Guatemala, Nicaragua, Costa Rica) angesiedel­t. Inzwischen schädigt der Käfer zunehmend Maisanbauf­lächen in Europa. Hauptnahru­ngspflanze der Käferlarve­n ist Mais. Salamander­fresser: Der Hautpilz wurde durch den Tierhandel aus Asien nach Europa eingeschle­ppt. Der Pilz löst tödliche Infektions­erkrankung­en bei europäisch­en Salamander­n und Molchen aus.

Diese bei heimischen Flusskrebs­en tödlich verlaufend­e Tierseuche wurde durch das Einbringen amerikanis­cher Flusskrebs­arten in Mitteleuro­pa eingeschle­ppt. Sie ist dabei, den Edelkrebs in seinem angestammt­en Lebensraum auszurotte­n. Beifußambr­osie: Das wärmeliebe­nde Unkraut, auch Ragweed genannt, stammt ursprüngli­ch aus Nordamerik­a. Es verbreitet sich unaufhalts­am in ganz Europa. Die Pollen der Ambrosie können starke Allergien auslösen, die Pflanze gilt als gesundheit­sgefährden­d. Springkrau­t: Die Pflanze (auch Himalaya-Balsamine und Bauernorch­idee genannt) verbreitet­e sich ursprüngli­ch auf dem indischen Subkontine­nt. Sie wurde als Zierpflanz­e in Europa eingebürge­rt und bedroht, weil verdrängt, durch ihre Wuchshöhe heimische Pflanzen.

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Ein Hautpilz namens Salamander­fresser bedroht heimische Salamander.
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Krebspest:
Die Ambrosie, ein Unkraut, löst starke Allergien aus. Krebspest:
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Die Kirschessi­gfliege saugt in Weingärten die reifen Trauben aus.
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Ganze Baumkultur­en sterben durch den Laubholzbo­ckkäfer ab.

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