Europa hat zu wenig Biomilch Für Biomilch erhalten die Bauern bereits rund ein Drittel mehr als für konventionelle Ware.
SALZBURG. Das Ende der Milchquoten in der EU im heurigen Frühjahr brachte den Markt stärker in Bewegung, als viele Fachleute erwartet hatten. Für konventionell erzeugte Milch brach der Preis heuer um ein Viertel ein. In Frankreich blockierten Bauern am Montag an der deutschen Grenze in Straßburg deutsche Lastwagen mit Agrargütern, vergangene Woche hatten Milchbauern und Viehzüchter aus Protest gegen die niedrigen Erzeugerpreise einen Tag die Zufahrt zum berühmten Klosterfelsen Mont St. Michel gesperrt. Die Regierung in Paris beschloss ein Hilfsprogramm im Ausmaß von 600 Mill. Euro, das geringere Abgaben, längere Zahlungsfristen und Umschuldungen umfasst. Am 7. September beraten die EU-Agrarminister über Krisenpläne. „Für den Milch- und Schweinesektor sind Maßnahmen unerlässlich“, sagte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter in einem SN-Gespräch. Die EU-Kommission solle die Interventionspreise erhö- hen, damit Menge vom Markt genommen werden könne. Auch die private Lagerhaltung für Butter und Milchpulver gehöre verlängert.
Derzeit zahlt die Berglandmilch, Österreichs größte Molkerei, den Bauern netto rund 30 Cent pro Kilo- gramm Milch. „Österreich liegt damit aber in Europa im oberen Viertel bei den Milchpreisen“, sagt Rupprechter. In Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten liegt der Milchpreis noch tiefer.
Bei Biomilch zeigt die Preiskurve allerdings weiter nach oben. Der Abstand zu konventioneller Ware hat sich von früher sechs bis sieben Cent auf rund zwölf Cent faktisch verdoppelt.
Christian Leeb, Geschäftsführer der SalzburgMilch: „Wir zahlen für Biomilch derzeit 49 Cent, für BioHeumilch 54 Cent und für den höchsten Standard 57 Cent. Wir haben aber im Juli auch den Preis für konventionelle Milch nicht gesenkt, sondern als einzige Molkerei in Österreich erhöht – auf 36,5 Cent brutto.“Bei der SalzburgMilch machten Bio- und Heumilch bereits mehr als die Hälfte der verarbeiteten Mengen aus, erklärt Leeb.
Minister Rupprechter erwartet, dass sich die Preisschere weiter öffnet. „Die Spreizung beim Milchpreis wird noch höher werden“, sagte er in einem SN-Gespräch, „denn wir haben in Europa zu wenig Biomilch.“Schweden könne zum Beispiel gar nicht so viel bekommen, wie es verarbeiten könnte. Für Biomilch werde durchwegs über 40 Cent bezahlt. Das zeige, was man mit Diversifizierung am Markt erreichen könne. Jeder Bauer müsse als Unternehmer selbst entscheiden, ob er biologisch wirtschafte oder nicht, betont Rupprechter. Vor allem in seinem Heimatbundesland Tirol hätten rund fünf Prozent der Milchbauern die Bioschiene wieder verlassen. „Es gab Ängste wegen der neuen Kontrollverordnung. Aber nun ist klar, dass die umfassenden Kontrollen nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle 30 Monate stattfinden müssen, dazwischen gibt es risikobasierte Überprüfungen.“Rupprechter kündigte für Herbst ein Programm an, dass ehemalige Biobauern vereinfacht wieder einsteigen können. Salzburg sei mit einem Bioanteil von 50 Prozent vorbildlich, betont Rupprechter, der auch das neue Käsewerk der Salz- burgMilch besichtigte.
Für die Forderung der Milchwirtschaft, den heimischen Bauern die Strafzahlung für das Vorjahr von 47 Mill. Euro (für die Milchproduktion über die damals gültige Quote hinaus) zu erlassen, sieht Rupprechter keine Chancen. Das Geld haben die Molkereien bereits einbehalten, im Herbst müssen sie es nach Brüssel zahlen. Er werde aber darauf drängen, dass die Gelder für den Milchsektor eingesetzt werden, sei es für Exportinitiativen oder die weitere Unterstützung von Schulmilchaktionen. Wegen der Marktschwäche in Europa, auch infolge der Russland-Sanktionen, seien weitere Exportinitiativen nötig. Rupprechter setzt hier schwerpunktmäßig auf Asien und die USA.
„Die Preisunterschiede zwischen konventioneller und Biomilch werden noch größer werden.“
in
Lamprechtshausen