Die Tragik der Promi-Kinder
Bobbi Kristina ist tot. Die Tochter (22) von Whitney Houston lag monatelang im Koma. Warum es vielen Kindern von Prominenten schwerfällt, im Leben Fuß zu fassen.
Die Familie nahm seit Wochen Abschied. Am Sonntag starb Bobbi Kristina Brown im Alter von 22 Jahren in einem Hospiz in Duluth bei Atlanta. Sechs Monate zuvor war die Tochter von Whitney Houston leblos in einer Badewanne gefunden worden, seitdem hatte sie das Bewusstsein nie richtig wiedererlangt. „Bobbi Kristina Brown ist im Kreise ihrer Familie gestorben“, hieß es in einer Erklärung der Familie. „Sie hat endlich Frieden in den Armen Gottes gefunden. Wir möchten noch einmal allen für die große Liebe und die Unterstützung in den vergangenen Monaten danken.“Ungeklärt ist noch immer, wie es zu dem Unglück kommen konnte – drei Jahre, nachdem ihre Mutter reglos in einer Badewanne gefunden worden war.
Die Öffentlichkeit hatte regen Anteil genommen – nicht nur an den bizarren Streitereien um eine junge Frau im Koma, sondern am ganzen Leben Bobbi Kristinas. 1993 wurde sie als Kind zweier Musik-Ikonen geboren: Whitney Houston hatte ein Jahr zuvor mit „I Will Always Love You“ein musikalisches Denkmal geschaffen. Vater Bobby Brown schuf mit „My Prerogative“einen Kultsong. Kindheit und Jugend des Einzelkindes wurden von der Alkohol- und Drogensucht der Mutter und der Gewalttätigkeit des Vaters überschattet. Die Ehe der beiden Musiker wurde 2007 geschieden. Bobbi Kristina war 14 Jahre alt.
Der Schock kam kurz vor der Grammy-Verleihung 2012: Whitney Houston wurde leblos in der Badewanne in einem Hotel in Beverly Hills gefunden. Die Obduktion ergab, dass Houston im viel zu heißen Wasser ertrunken war, im Blut fand sich ein Mix aus Drogen und Medikamenten.
Bobbi Kristina hatte den plötzlichen Tod der Mutter nie überwunden. Halt suchte sie in der Familie und bei Nick Gordon. Die beiden sollen verlobt gewesen sein. Gor- don soll sie aber geschlagen und Geld von ihr genommen haben. Er war es auch, der Bobbi Ende Jänner in der Badewanne fand, angeblich mit dem Gesicht nach unten.
Was folgte, erinnerte an eine Telenovela aus dem Nachmittagsprogramm. Die Familien Houston und Brown und auch Gordon stritten erst hinter den Kulissen, dann öffentlich und schließlich über ihre Anwälte. Zugleich ging es Bobbi Kristina immer schlechter. Vor einem Monat wurde sie in ein Hospiz verlegt. „Sie ist jetzt in Gottes Händen“, hatte ihre Tante Pat erklärt.
Die Familie von Bobbi Kristina ist mit ihren Problemen nicht allein: Häufig fällt es Kindern von Prominenten schwer, im Leben Fuß zu fassen und aus dem Schatten der berühmten Eltern zu treten: So sitzt Michael Douglas’ Sohn Cameron seit mehreren Jahren wegen Drogenhandels im Gefängnis. Die Haft wurde verlängert, weil er selbst in der Zelle die Finger nicht von Drogen lassen konnte.
Peaches Geldof, Tochter des Sängers Bob Geldof, starb im April 2014 im Alter von 25 Jahren – vermutlich an Drogen. Ihr Vater sagte später, er habe von ihrer Heroinsucht ge- wusst und gebe sich Mitschuld an ihrem Tod.
Guillaume, der schauspielernde Sohn des französischen Stars Gérard Depardieu, konsumierte als Jugendlicher Alkohol und Drogen, er stand immer wieder vor Gericht. Es folgten ein schwerer Motorradunfall, unzählige Operationen, eine Beinamputation. Mit 37 Jahren starb er 2008 an einer Lungenentzündung. Er beschrieb seine Hassliebe zum Vater in seiner Autobiografie.
„Kinder berühmter Menschen bekommen eine unglaubliche Aufmerksamkeit“, schreibt die Psychologin Surabhika Maheshwari aus dem indischen Neu-Delhi im „International Journal of Social Sciences“. Der Ruhm, den sie erfahren, sei aber etwas anderes als eigener Erfolg, stellt sie nach Forschungsinterviews mit einem Dutzend Prominentenkindern fest. Das löse Spannungen aus – auch, weil die Kinder ihre Promi-Eltern oft noch mehr überhöhen, als es Kinder ohnehin schon tun. Maheshwari zitiert Untersuchungen, wonach Prominente doppelt so häufig Alkoholprobleme haben und mehr als vier Mal so häufig Selbstmord begehen wie der Rest der Bevölkerung.
„Kinder berühmter Menschen bekommen eine unglaubliche Aufmerksamkeit.“