Die Schande von Traiskirchen muss ein Ende haben
Die Vorstellung, Traiskirchen werde nur deshalb überfüllt, um Flucht willige abzuschrecken, wäre der Gipfel des Zynismus.
Untragbar, gefährlich und menschenunwürdig. So beschreibt der Österreich-Chef des UNOFlüchtlingshoch kommissariats UNHCR die Situation im Lager Traiskirchen. Dort liegen seit Wochen unter den Augen der Öffentlichkeit Hunderte Menschen im Dreck, mehr als 2000 haben kein Bett, die Gefahr von Seuchen ist groß. Das Verteilzentrum ist für maximal 1800 Menschen ausgelegt, derzeit sind dort mehr als 4500 zusammengepfercht. Soziale Konflikte drinnen wie draußen sind programmiert. Traiskirchen gleicht einem Dampfkessel. Der Druck steigt enorm. Jeden Moment ist mit einer Explosion zu rechnen. Die Zahl der Gewaltdelikte im Lager nimmt zu. Die Zahl der Angriffe auf Asylbewerber außerhalb des Lagers ebenso. Wer es wagt, für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge einzutreten, wird beschimpft, mit Hasspostings überschüttet und sogar bedroht. Es tut gut, zu sehen, dass Zigtausende vor dieser Mauer der Kälte nicht zurückschrecken und helfen.
Die Innenministerin ist nicht allein schuld an der katastrophalen Überbelegung von Traiskirchen. Da sind auch die Länder und Gemeinden in der Pflicht. Aber für die katastrophalen Zustände dort muss sie allein die politische Verantwortung übernehmen.
Fast könnte man glauben, es bestehe ein Interesse daran, durch die Schreckensbilder aus Traiskirchen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge folgenden Eindruck entstehen zu lassen: Seht her, so dreckig geht es Flüchtlingen in Österreich. Sie haben nicht einmal im Lager ein Dach über dem Kopf, geschweige denn ein Bett. Also: Woanders hingehen oder zu Hause bleiben!
Doch so viel Zynismus ist nicht einmal einem raffinierten Politprofi zuzutrauen. In einem der reichsten Länder der Welt Menschen im Dreck liegen zu lassen, damit andere glauben, hier sei nichts mehr zu holen, das wäre ein Skandal, ein Verbrechen, eine Sünde.
Ein Weg wäre es, die Asylkompetenzen zu bündeln. Derzeit sind Bund, Länder und Gemeinden zuständig. Die Menschen gehen unter im Kompetenzwirrwarr. Jeder schiebt die Schuld dem anderen zu.
Schluss auch mit diesem Kriegsvokabular. Es macht nur Angst, löst nichts.
Von der Regierungsspitze ist wenig zu hören. Daher sollte der Bundespräsident das Heft in die Hand nehmen. Er hat nichts zu verlieren, muss nicht wiedergewählt werden, ist ein Humanist, eine letzte Autorität und könnte sich verdient machen um die Flüchtlinge und ein menschliches Österreich. Die Schande von Traiskirchen muss ein Ende haben.