Langsam sterben im Wilden Westen
Ein Bub, ein Mann, zwei Pferde: „Slow West“zäumt den Western neu auf.
Es ist eines der ältesten originären Filmgenres, und erfindet sich doch ständig neu: Der Western ist tatsächlich unverwüstlich. Nun kommt „Slow West“ins Kino, in dem ein verzärtelter 16-jähriger Schotte aus adeligem Hause (Kodi Smit-McPhee) und ein gewaltgegerbter Wildwestler (Michael Fassbender) in einer ungleichen Schicksalsgemeinschaft miteinander Richtung Westen reiten: Der naive Jay ist auf der Suche nach seiner geliebten Rose (Caren Pistorius). Und der Outlaw Silas gabelt Jay mitten in einer Schießerei auf, und bietet sich ihm als Führer durch die gefährliche Wildnis an, gegen harte Dollars, und mit Hintergedanken.
Alle paar Jahre kommt der Western in einer neuen Reinkarnation daher. Waren die Neowestern von Sam Peckinpah noch spektakuläre Neuerfindungen, gehören Westernvariationen inzwischen zum alljährlichen Kinorepertoire, von Kelly Reichardts herbem „Meeks Cutoff“(2010) mit Michelle Williamsbis zu Quentin Tarantinos „Django Unchained“(2013). Auch „Slow West“setzt Westernmotive in neuen erzählerischen Zusammenhang, gedreht in der fantastischen Landschaft Neuseelands. Regiedebütant John Maclean ist ein guter Freund des Schauspielers Michael Fassbender, folgerichtig spielt Fassbender die Hauptrolle des Outlaws.
Erzählt ist „Slow West“aber aus der Sicht des naiven Fremdlings: Jay Cavendish ist der Sohn eines Adelsgeschlechts, und reitet mit Köfferchen und Handbuch ohne Argwohn quer durch die Wildnis, bis er auf Si- las trifft. Auf ihrer Reise lernen der verträumte Junge und der abgehärtete Mann voneinander, begegnen grimmigen und irren Gestalten, bis hin zum brutalen Finale: „Slow West“ist nicht so ereignislos, wie der Titel vermuten lässt, makellos inszeniert und mit trockenem Humor und knappen Worten eine hocherfreuliche weitere Variante des Wilden Westens.