Sieben Jahre im Ausnahmezustand
Seit 2008 liefern sich die Meinl Bank und die Justiz einen Schlagabtausch, in dem noch immer kein Ende abzusehen ist. Dass die FMA die Vorstände ablösen will, ist der vorläufige Höhepunkt in der an Wendungen reichen Causa.
Bei der Meinl Bank sind gute Nachrichten seit geraumer Zeit echte Mangelware. Das weiß man auch in der Bank mit dem schwer ramponierten Ruf. Wohl auch deshalb war man froh, vergangenen Sonntag mitteilen zu können, dass die Bank es 2014 aus der Verlustzone in die schwarzen Zahlen geschafft hat. Doch die Freude darüber war da wohl schon schwer getrübt, wenn auch für die Öffentlichkeit erst Tage später ersichtlich wurde, warum.
Erst am Mittwoch wurde nämlich offiziell bekannt, was der Vorstand der Bank schon seit vergangenem Freitag wusste. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) verlangt die Ablöse des Duos Peter Weinzierl und Günter Weiß. Die Behörde hat ein seit einem Jahr laufendes Ermittlungsverfahren beendet und der Bescheid hat es in sich. Darin sprechen die Prüfer den Vorständen schlicht die Befähigung ab, eine Bank zu leiten.
Sie unterstellen Weinzierl und Weiß „ein ungeeignetes Persönlichkeitsbild“. Man könne nicht darauf vertrauen, dass ihren „künftigen Zusagen Taten folgen bzw. Mitteilungen über durchgeführte Mängelbehebungen der Wahrheit entsprechen“. Von „bilanziellem Blindflug“und „existenzbedrohender Gefahrensituation“ist die Rede, und davon, dass die Bank 2014 fast sechs Monate lang über zu geringe Eigenmittel verfügte. Weiter heißt es im Bescheid: Es „kann generell nicht mehr darauf vertraut werden, dass die beiden genannten Vorstände von sich aus und ohne äußeren Druck ein gesetzeskonformes Verhalten anstreben“. Es bestünden daher wesentliche Zweifel, „dass das öffentliche Interesse gewahrt wird“, wenn Weinzierl und Weiß die Bank weiter führen. Die Bank kündigte Rechtsmittel an, möglich ist eine Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht, aufschiebende Wirkung kommt ihr nicht zu.
Die Abberufung des Bankvorstands ist der vorläufige Höhepunkt in der Auseinandersetzung der Bank mit den Behörden. De facto befindet sich die Meinl Bank bereits seit sieben Jahren in einem Ausnahmezustand. Die jüngsten Ereignisse geben wenig Anlass anzunehmen, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.
Der Ausgangspunkt für den heftigen Schlagabtausch mit der Justiz der bis dahin eher im Verborgenen agierenden Privatbank ist das Jahr 2007. Da wurde die Bank der breiten Öffentlichkeit ein Begriff, wegen der in ihrem Umfeld gegründeten Gesellschaften Meinl European Land (MEL, später Atrium), Meinl Airports International (MAI) und Meinl International Power (MIP), für Letztere war auch ExFinanzminister Karl-Heinz Grasser zwei Jahre lang tätig. Für die Nutzung des Namens Meinl lieferten die Gesellschaften üppige Provisionen an die Meinl Bank ab, die Bank hat laut Aussagen von Weinzierl rund 300 Mill. Euro erlöst.
Kritisch wurde die Lage, als der Wert der MEL-Zertifikate nach einem milliardenschweren Rückkauf der Gesellschaft ins Bodenlose fiel und Tausende Anleger einen Großteil ihres Vermögens verloren, um das viele heute noch streiten. Laut Auskunft der Meinl Bank waren von anfänglich 2700 MEL-Zivilverfahren Ende 2014 noch 967 offen. Per Ende Juni habe man 6500 Anleger mit 35,7 Mill. Euro entschädigt.
Mit der Causa MEL gerieten die Meinl Bank und ihre Organe ins Visier der Justiz, allen voran Peter Weinzierl sowie der frühere Vorstandsvorsitzende Julius Meinl V., der Ende 2007 den Vorsitz im Aufsichtsrat übernahm. Seit damals wird gegen beide Herren und weitere Führungskräfte der Bank ermittelt, unter anderem wegen des Verdachts der Untreue und der betrügerischen Krida. Zu Verurteilungen kam es bisher nicht, für alle Personen gilt die Unschuldsvermutung. Im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurde Julius Meinl V. am 1. April 2009 in Untersuchungshaft genommen und zwei Tage später gegen Hinterlegung einer Kaution von 100 Mill. Euro auf freien Fuß gesetzt. Knapp vier Jahre später erhielt Meinl nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Wien 90 Mill. Euro rückerstattet. Das Verfahren gegen ihn und andere läuft weiter.
Dreh- und Angelpunkt der Anklage ist der Jahresabschluss der Bank für das Jahr 2008. Damals wurde in der Hauptversammlung eine Sonderdividende von 211 Mill. Euro an die Eigentümer der Bank – zwei Stiftungen, die Julius Meinl zugerechnet werden – beschlossen. Damit sei das Vermögen der Bank geschädigt worden, argumentiert die Staatsanwaltschaft.
Weinzierl, der das Geld, wie er sagt, lieber im Unternehmen behalten hätte, bestreitet das. Die Bilanz sei korrekt gewesen und von Wirtschaftsprüfern testiert worden. Als absurd tun die Meinl Bank und ihre Rechtsberater auch den Vorwurf ab, durch die Sonderdividende seien der Bank Mittel entzogen worden, die für Rückstellungen in Anlegerverfahren notwendig gewesen wären. Die Bank behauptet, sie habe ausreichend, nämlich fast 50 Prozent der damals bekannten Ansprüche rückgestellt.
Das bekam sie vom Oberlandesgericht Wien bestätigt, das im April 2015 die Anklageschrift abwies – eine herbe Niederlage für die Staatsanwaltschaft. Die ermittelt weiter, der Vorstand der Bank wird dagegen nicht müde, den Behörden 50 Rechtsverletzungen vorzuhalten und die Einstellung des Verfahrens mangels Beweisen zu fordern. Falls es dazu kommt, sieht es derzeit so aus, dass Peter Weinzierl diese Genugtuung nicht mehr als Bankvorstand erlebt.
Peter Weinzierl arbeitet seit 23 Jahren für die Meinl Bank, seit 1999 sitzt er im Vorstand.
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Julius Meinl V. leitet die Bank 20 Jahre, 2007 wurde er Chef des Aufsichtsrats.
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