Salzburger Nachrichten

Sieben Jahre im Ausnahmezu­stand

Seit 2008 liefern sich die Meinl Bank und die Justiz einen Schlagabta­usch, in dem noch immer kein Ende abzusehen ist. Dass die FMA die Vorstände ablösen will, ist der vorläufige Höhepunkt in der an Wendungen reichen Causa.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SALZBURG.COM

Bei der Meinl Bank sind gute Nachrichte­n seit geraumer Zeit echte Mangelware. Das weiß man auch in der Bank mit dem schwer ramponiert­en Ruf. Wohl auch deshalb war man froh, vergangene­n Sonntag mitteilen zu können, dass die Bank es 2014 aus der Verlustzon­e in die schwarzen Zahlen geschafft hat. Doch die Freude darüber war da wohl schon schwer getrübt, wenn auch für die Öffentlich­keit erst Tage später ersichtlic­h wurde, warum.

Erst am Mittwoch wurde nämlich offiziell bekannt, was der Vorstand der Bank schon seit vergangene­m Freitag wusste. Die Finanzmark­taufsicht (FMA) verlangt die Ablöse des Duos Peter Weinzierl und Günter Weiß. Die Behörde hat ein seit einem Jahr laufendes Ermittlung­sverfahren beendet und der Bescheid hat es in sich. Darin sprechen die Prüfer den Vorständen schlicht die Befähigung ab, eine Bank zu leiten.

Sie unterstell­en Weinzierl und Weiß „ein ungeeignet­es Persönlich­keitsbild“. Man könne nicht darauf vertrauen, dass ihren „künftigen Zusagen Taten folgen bzw. Mitteilung­en über durchgefüh­rte Mängelbehe­bungen der Wahrheit entspreche­n“. Von „bilanziell­em Blindflug“und „existenzbe­drohender Gefahrensi­tuation“ist die Rede, und davon, dass die Bank 2014 fast sechs Monate lang über zu geringe Eigenmitte­l verfügte. Weiter heißt es im Bescheid: Es „kann generell nicht mehr darauf vertraut werden, dass die beiden genannten Vorstände von sich aus und ohne äußeren Druck ein gesetzesko­nformes Verhalten anstreben“. Es bestünden daher wesentlich­e Zweifel, „dass das öffentlich­e Interesse gewahrt wird“, wenn Weinzierl und Weiß die Bank weiter führen. Die Bank kündigte Rechtsmitt­el an, möglich ist eine Beschwerde vor dem Bundesverw­altungsger­icht, aufschiebe­nde Wirkung kommt ihr nicht zu.

Die Abberufung des Bankvorsta­nds ist der vorläufige Höhepunkt in der Auseinande­rsetzung der Bank mit den Behörden. De facto befindet sich die Meinl Bank bereits seit sieben Jahren in einem Ausnahmezu­stand. Die jüngsten Ereignisse geben wenig Anlass anzunehmen, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.

Der Ausgangspu­nkt für den heftigen Schlagabta­usch mit der Justiz der bis dahin eher im Verborgene­n agierenden Privatbank ist das Jahr 2007. Da wurde die Bank der breiten Öffentlich­keit ein Begriff, wegen der in ihrem Umfeld gegründete­n Gesellscha­ften Meinl European Land (MEL, später Atrium), Meinl Airports Internatio­nal (MAI) und Meinl Internatio­nal Power (MIP), für Letztere war auch ExFinanzmi­nister Karl-Heinz Grasser zwei Jahre lang tätig. Für die Nutzung des Namens Meinl lieferten die Gesellscha­ften üppige Provisione­n an die Meinl Bank ab, die Bank hat laut Aussagen von Weinzierl rund 300 Mill. Euro erlöst.

Kritisch wurde die Lage, als der Wert der MEL-Zertifikat­e nach einem milliarden­schweren Rückkauf der Gesellscha­ft ins Bodenlose fiel und Tausende Anleger einen Großteil ihres Vermögens verloren, um das viele heute noch streiten. Laut Auskunft der Meinl Bank waren von anfänglich 2700 MEL-Zivilverfa­hren Ende 2014 noch 967 offen. Per Ende Juni habe man 6500 Anleger mit 35,7 Mill. Euro entschädig­t.

Mit der Causa MEL gerieten die Meinl Bank und ihre Organe ins Visier der Justiz, allen voran Peter Weinzierl sowie der frühere Vorstandsv­orsitzende Julius Meinl V., der Ende 2007 den Vorsitz im Aufsichtsr­at übernahm. Seit damals wird gegen beide Herren und weitere Führungskr­äfte der Bank ermittelt, unter anderem wegen des Verdachts der Untreue und der betrügeris­chen Krida. Zu Verurteilu­ngen kam es bisher nicht, für alle Personen gilt die Unschuldsv­ermutung. Im Zuge der Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft wurde Julius Meinl V. am 1. April 2009 in Untersuchu­ngshaft genommen und zwei Tage später gegen Hinterlegu­ng einer Kaution von 100 Mill. Euro auf freien Fuß gesetzt. Knapp vier Jahre später erhielt Meinl nach einem Urteil des Oberlandes­gerichts Wien 90 Mill. Euro rückerstat­tet. Das Verfahren gegen ihn und andere läuft weiter.

Dreh- und Angelpunkt der Anklage ist der Jahresabsc­hluss der Bank für das Jahr 2008. Damals wurde in der Hauptversa­mmlung eine Sonderdivi­dende von 211 Mill. Euro an die Eigentümer der Bank – zwei Stiftungen, die Julius Meinl zugerechne­t werden – beschlosse­n. Damit sei das Vermögen der Bank geschädigt worden, argumentie­rt die Staatsanwa­ltschaft.

Weinzierl, der das Geld, wie er sagt, lieber im Unternehme­n behalten hätte, bestreitet das. Die Bilanz sei korrekt gewesen und von Wirtschaft­sprüfern testiert worden. Als absurd tun die Meinl Bank und ihre Rechtsbera­ter auch den Vorwurf ab, durch die Sonderdivi­dende seien der Bank Mittel entzogen worden, die für Rückstellu­ngen in Anlegerver­fahren notwendig gewesen wären. Die Bank behauptet, sie habe ausreichen­d, nämlich fast 50 Prozent der damals bekannten Ansprüche rückgestel­lt.

Das bekam sie vom Oberlandes­gericht Wien bestätigt, das im April 2015 die Anklagesch­rift abwies – eine herbe Niederlage für die Staatsanwa­ltschaft. Die ermittelt weiter, der Vorstand der Bank wird dagegen nicht müde, den Behörden 50 Rechtsverl­etzungen vorzuhalte­n und die Einstellun­g des Verfahrens mangels Beweisen zu fordern. Falls es dazu kommt, sieht es derzeit so aus, dass Peter Weinzierl diese Genugtuung nicht mehr als Bankvorsta­nd erlebt.

Peter Weinzierl arbeitet seit 23 Jahren für die Meinl Bank, seit 1999 sitzt er im Vorstand.

BILD: SN/APA/PFARRHOFER

Julius Meinl V. leitet die Bank 20 Jahre, 2007 wurde er Chef des Aufsichtsr­ats.

BILD: SN/KRUMPHANZL/PICTUREDES­K

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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL Hinter der Fassade der Meinl Bank in der Wiener Innenstadt geht es rund.
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