Obama nimmt Kohlestrom ins Visier
Die Republikaner schäumen, die Kraftwerksbetreiber auch. Das Weiße Haus will die Treibhausgasemissionen massiv beschränken.
WASHINGTON. Präsident Barack Obama geht vor dem Weltklimagipfel Ende des Jahres in Paris daheim in den USA mit gutem Beispiel voran. Er erlässt Obergrenzen für die Emission der klimaschädlichen Treibhausgase, die deutlich niedriger liegen, als allgemein erwartet worden war. Wie die „New York Times“im Vorfeld der für gestern, Montag, geplanten Bekanntgabe der neuen Regeln herausfand, müssen die Energieproduzenten ihre Emissionen bis 2030 um knapp ein Drittel der Verschmutzung des Jahres 2005 reduzieren.
Gegenüber dem Entwurf der Umweltbehörde EPA aus dem Vorjahr entspricht das einer zusätzlichen Verringerung beim Ausstoß der Treibhausgase um neun Prozent. Gleichzeitig schreiben die neuen Auflagen der Energiewirtschaft vor, ihren Anteil an erneuerbaren Energien auf 28 Prozent zu steigern. Die Bundesstaaten erhalten unter dem „Clean Power Plan“Zielvorgaben, die sie in eigener Zuständigkeit umsetzen müssen. Sie haben bis 2018 Zeit, der Umweltbehörde detaillier- te Konzepte vorzulegen. Sofern der „Clean Power Plan“die sichere Anfechtung vor Gericht übersteht, brächten die Auflagen nach Einschätzungen von Experten das Ende Hunderter Kohlekraftwerke, machten deren Neubau unattraktiv, förderten den Umstieg auf klimaverträglicheres Naturgas und führten zu einem Boom in der Windund Solarenergiegewinnung.
„Der Klimawandel ist kein Problem, das wir der nächsten Generation überlassen können“, erklärt Obama in einem auf Facebook veröffentlichten Video. Die neuen Regeln seien „der größte und wichtigste Schritt, den wir jemals unternommen haben, den Klimawandel zu bekämpfen“.
Gemessen an den heftigen Reaktionen aus der Energiewirtschaft und deren Verbündeten in den USBundesstaaten sowie im Kongress hat der Präsident wohl nicht übertrieben. Neben der Industrie kündigten bis zu 25 Bundesstaaten Klagen an, mit denen sie die strikten Emissionsgrenzen anfechten wollen. Angeführt werden diese von Kohleproduzenten wie Kentucky, Wyoming und West Virginia. „Wir denken, diese Regeln sind fürchterlich für die Verbraucher“, meint etwa der Justizminister von West Virginia, Patrick Morrisey. Der Präsident führe einen „Krieg gegen die Kohle“, der die Bürger am Ende teuer zu stehen komme. Während Kritiker hohe Kosten für die Wirtschaft beklagen, sieht das Weiße Haus einen Innovationsschub, der letztlich den Unternehmen helfe. Jeder Bürger werde im Schnitt 85 Dollar an Energiekosten sparen und zudem in einer gesünderen Umwelt leben.
Der Fraktionsführer der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, der aus Kentucky stammt, ermutigte die Gouverneure der Bundesstaaten, den „Clean Power Plan“nicht umzusetzen. Damit zeichnet sich nicht nur eine juristische Schlacht ab, die vor dem obersten Verfassungsgericht enden dürfte, sondern auch ein politischer Showdown mit den Republikanern im Kongress. Obama war in seiner ersten Amtszeit 2009 im Senat mit dem Versuch gescheitert, ein USAweites Emissionshandelssystem einzuführen. Seitdem nutzt er die Vollmachten unter dem Luftreinerhaltungsgesetz der USA (Clean Air Act), via die Umweltschutzbehörde EPA im Alleingang Auflagen zu erlassen. Der Supreme Court hatte in der Grundsatzentscheidung „Massachusetts vs. EPA“im Jahr 2007 entschieden, dass Treibhausgase als „Luftverschmutzer“im Sinne des Gesetzes gelten und damit von der Regierung begrenzt werden können.
Das Weiße Haus hofft, mit dem Vorstoß ein Druckmittel zu bekommen, mit dem die USA beim Weltklimagipfel in Paris auch andere Staaten mit hohen Emissionen wie China, Indien, Brasilien und Südafrika zu größeren Anstrengungen beim Klimaschutz bewegen können. Der chinesische Präsident Xi Jinping hatte im vergangenen Jahr bei einem Gipfel mit Obama Zugeständnisse gemacht.
„Klimawandel ist kein Problem, das wir der nächsten Generation überlassen können.“
Barack Obama, US-Präsident