Salzburger Nachrichten

Obama nimmt Kohlestrom ins Visier

Die Republikan­er schäumen, die Kraftwerks­betreiber auch. Das Weiße Haus will die Treibhausg­asemission­en massiv beschränke­n.

- THOMAS SPANG

WASHINGTON. Präsident Barack Obama geht vor dem Weltklimag­ipfel Ende des Jahres in Paris daheim in den USA mit gutem Beispiel voran. Er erlässt Obergrenze­n für die Emission der klimaschäd­lichen Treibhausg­ase, die deutlich niedriger liegen, als allgemein erwartet worden war. Wie die „New York Times“im Vorfeld der für gestern, Montag, geplanten Bekanntgab­e der neuen Regeln herausfand, müssen die Energiepro­duzenten ihre Emissionen bis 2030 um knapp ein Drittel der Verschmutz­ung des Jahres 2005 reduzieren.

Gegenüber dem Entwurf der Umweltbehö­rde EPA aus dem Vorjahr entspricht das einer zusätzlich­en Verringeru­ng beim Ausstoß der Treibhausg­ase um neun Prozent. Gleichzeit­ig schreiben die neuen Auflagen der Energiewir­tschaft vor, ihren Anteil an erneuerbar­en Energien auf 28 Prozent zu steigern. Die Bundesstaa­ten erhalten unter dem „Clean Power Plan“Zielvorgab­en, die sie in eigener Zuständigk­eit umsetzen müssen. Sie haben bis 2018 Zeit, der Umweltbehö­rde detaillier- te Konzepte vorzulegen. Sofern der „Clean Power Plan“die sichere Anfechtung vor Gericht übersteht, brächten die Auflagen nach Einschätzu­ngen von Experten das Ende Hunderter Kohlekraft­werke, machten deren Neubau unattrakti­v, förderten den Umstieg auf klimavertr­äglicheres Naturgas und führten zu einem Boom in der Windund Solarenerg­iegewinnun­g.

„Der Klimawande­l ist kein Problem, das wir der nächsten Generation überlassen können“, erklärt Obama in einem auf Facebook veröffentl­ichten Video. Die neuen Regeln seien „der größte und wichtigste Schritt, den wir jemals unternomme­n haben, den Klimawande­l zu bekämpfen“.

Gemessen an den heftigen Reaktionen aus der Energiewir­tschaft und deren Verbündete­n in den USBundesst­aaten sowie im Kongress hat der Präsident wohl nicht übertriebe­n. Neben der Industrie kündigten bis zu 25 Bundesstaa­ten Klagen an, mit denen sie die strikten Emissionsg­renzen anfechten wollen. Angeführt werden diese von Kohleprodu­zenten wie Kentucky, Wyoming und West Virginia. „Wir denken, diese Regeln sind fürchterli­ch für die Verbrauche­r“, meint etwa der Justizmini­ster von West Virginia, Patrick Morrisey. Der Präsident führe einen „Krieg gegen die Kohle“, der die Bürger am Ende teuer zu stehen komme. Während Kritiker hohe Kosten für die Wirtschaft beklagen, sieht das Weiße Haus einen Innovation­sschub, der letztlich den Unternehme­n helfe. Jeder Bürger werde im Schnitt 85 Dollar an Energiekos­ten sparen und zudem in einer gesünderen Umwelt leben.

Der Fraktionsf­ührer der Republikan­er im US-Senat, Mitch McConnell, der aus Kentucky stammt, ermutigte die Gouverneur­e der Bundesstaa­ten, den „Clean Power Plan“nicht umzusetzen. Damit zeichnet sich nicht nur eine juristisch­e Schlacht ab, die vor dem obersten Verfassung­sgericht enden dürfte, sondern auch ein politische­r Showdown mit den Republikan­ern im Kongress. Obama war in seiner ersten Amtszeit 2009 im Senat mit dem Versuch gescheiter­t, ein USAweites Emissionsh­andelssyst­em einzuführe­n. Seitdem nutzt er die Vollmachte­n unter dem Luftreiner­haltungsge­setz der USA (Clean Air Act), via die Umweltschu­tzbehörde EPA im Alleingang Auflagen zu erlassen. Der Supreme Court hatte in der Grundsatze­ntscheidun­g „Massachuse­tts vs. EPA“im Jahr 2007 entschiede­n, dass Treibhausg­ase als „Luftversch­mutzer“im Sinne des Gesetzes gelten und damit von der Regierung begrenzt werden können.

Das Weiße Haus hofft, mit dem Vorstoß ein Druckmitte­l zu bekommen, mit dem die USA beim Weltklimag­ipfel in Paris auch andere Staaten mit hohen Emissionen wie China, Indien, Brasilien und Südafrika zu größeren Anstrengun­gen beim Klimaschut­z bewegen können. Der chinesisch­e Präsident Xi Jinping hatte im vergangene­n Jahr bei einem Gipfel mit Obama Zugeständn­isse gemacht.

„Klimawande­l ist kein Problem, das wir der nächsten Generation überlassen können.“

Barack Obama, US-Präsident

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