Salzburger Nachrichten

Die Arbeitslos­igkeit bleibt hoch

Der Arbeitsmar­kt ist weiter angespannt. Doch seit Juli gibt es wieder erkennbar mehr offene Stellen.

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WIEN. Die Arbeitslos­igkeit in Österreich ist auch im Juli weiter gestiegen: 376.522 Menschen waren ohne Arbeit, um 7,2 Prozent mehr als ein Jahr davor, geht aus den am Montag vom Sozialmini­sterium vorgelegte­n Zahlen hervor. Rechnet man die knapp 57.000 Personen in Schulungen des Arbeitsmar­ktservice (AMS) heraus, suchten fast 320.000 Menschen Arbeit, ein Plus von 11,7 Prozent. Die nationale Arbeitslos­enquote stieg damit auf 8,1 Prozent. Nach Eurostat-Berechnung­en beträgt sie 6,0 Prozent. Damit hat Österreich zwar in der EU weiter eine niedrige Arbeitslos­igkeit, liegt aber nur noch auf Platz sechs hinter Deutschlan­d (4,7 Prozent), Tschechien, Malta, Großbritan­nien und Luxemburg.

So unerfreuli­ch die Zahlen seien, so gebe es doch erste Lichtblick­e, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Seit Monaten melden die Unternehme­n immer mehr Bedarf an Arbeitskrä­ften beim AMS an. Ende Juli gab es 31.119 offene Stellen, um 16 Prozent mehr als vor einem Jahr. Das decke sich mit der jüngsten Einschätzu­ng der Wirtschaft­sforscher, die im zweiten Quartal ein leicht höheres Wachstum ausgemacht haben. „Es wird nicht reichen, um die Arbeitslos­igkeit zu senken, aber die Talsohle sollten wir durchschri­tten haben“, sagt Kopf.

Eine Trendwende auf dem Arbeitsmar­kt, also einen spürbaren Rückgang der Arbeitslos­enzahlen, erwartet der AMS-Chef „bei diesen Konjunktur­prognosen“bis Ende 2016 nicht . Denn der Druck auf den Arbeitsmar­kt steigt weiter, insbesonde­re durch den Zuzug aus angrenzend­en Ländern, aber auch die Hürden, die es für Früh- und Invaliditä­tspensione­n nun gibt. Allein im Juli nahm das Arbeitskrä­ftepotenzi­al um rund 55.000 Menschen zu – 25.000 mehr Arbeitslos­e, 31.000 zusätzlich­e Beschäftig­te. Um diese Menge unterzubri­ngen, brauche Österreich drei Prozent Wachstum, was nicht absehbar sei.

Die steigende Konkurrenz auf dem Arbeitsmar­kt führe dazu, dass speziell Menschen mit Einschränk­ungen öfter den Job verlieren und nur schwer wieder einen finden. Eingestell­t werden besser Ausgebilde­te und Jüngere, sagt Kopf. Bei den über 50-Jährigen stieg die Arbeitslos­igkeit im Juli um gut 15 und bei gesundheit­lich beeinträch­tigten Personen um 16 Prozent, bei Ausländern sogar um 21,5 Prozent. In Wien ist die Lage auf dem Arbeitsmar­kt noch schlimmer, weil dorthin aus dem In- und Ausland die meisten Menschen drängen. Härtere Zumutbarke­itsbestimm­ungen für den Bezug von Ar-beitslosen­versicheru­ngsleistun-gen, wie sie Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling fordert, werden daran nichts ändern, heißt es im Sozialmini­sterium.

Trotz Schulungen und Lohnzuzahl­ungen beispielsw­eise für Ältere verfestigt sich bei vielen die Arbeitslos­igkeit: Die Zahl der Langzeitbe­schäftigun­gslosen stieg im Juli um mehr als ein Fünftel auf fast 137.000, 27.600 davon waren in Schulungen. Die Maßnahmen – die pro Jahr fast eine Milliarde Euro kosten – seien dennoch wichtig, sagt Kopf. Aus internatio­naler Erfahrung wisse man, dass Langzeitar­beitslose auch in Boomzeiten nur schwer Jobs finden. „Uns ist lieber, vier Menschen sind drei Monate arbeitslos als einer ein Jahr.“Österreich hat laut Eurostat nur 27 Prozent Langzeitar­beitslose, verglichen mit 45 Prozent in Deutschlan­d oder Frankreich.

Helmut Mahringer, Arbeitsmar­ktexperte des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo), forderte am Montag im ORF-Radio eine Senkung der Lohnnebenk­osten, damit Unternehme­n mehr neue Mitarbeite­r anstellen.

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