Salzburger Nachrichten

„Bin fast ohnmächtig gewesen“

26 Flüchtling­e waren viele Stunden lang in einem Lieferwage­n zusammenge­pfercht. Zwei Schlepper aus Ungarn sind am Montag in Salzburg – nicht rechtskräf­tig – verurteilt worden.

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SALZBURG. Zwei Polizeibea­mte aus Eugendorf hatten den Lieferwage­n am 5. Juni gestoppt, weil ihnen die unsichere Fahrweise des Lenkers aufgefalle­n war. Der 46-jährige Ungar und sein 42-jährige Landsmann und Beifahrer zeigten bereitwill­ig ihre Papiere.

Die Ladetür am Heck wollten sie jedoch nicht öffnen. Das tat einer der Beamten und war plötzlich mit 26 Flüchtling­en konfrontie­rt, die eng zusammenge­pfercht auf der Ladefläche standen und hockten.

„An diesem Tag war es sehr heiß. Wir haben die Leute gleich mit Wasser versorgt und den Lenker sowie den Beifahrer festgenomm­en“, schilderte am Montag einer der Polizisten vor Richter Roland Finster.

Dann traten zwei Flüchtling­e, die in diesem Lieferwage­n gefan- gen waren, als Zeugen auf. Sie seien stundenlan­g, vielleicht sieben bis acht Stunden lang, unterwegs gewesen. Sie seien im Wagen fast ohnmächtig geworden. Abwechseln­d hätten sie etwas geschlafen, zehn Leute hätten immer stehen müssen“, sagten sie dem Gerichtsdo­lmetscher, der übersetzte. Aus welchem Land sie die Schlepper transporti­ert hätten, wüssten sie bis heute nicht. Sie seien zuerst lange zu Fuß durch einen Wald gegangen, dann in diesen Lieferwage­n gestiegen und erst in Österreich bei der Polizeikon­trolle wieder ausgestieg­en, sagte einer der Flüchtling­e.

Die beiden Angeklagte­n schilderte­n ihre Version: Ein Rumäne namens Mischa habe sie in einem VW-Golf von Ungarn nach Graz gebracht. Von dort aus sollten die beiden für je 250 Euro Fuhrlohn den mit Flüchtling­en vollge- pferchten Lieferwage­n nach Salzburg bringen. Sie hätten erst unterwegs erkannt, dass es sich nicht um zehn, sondern um viel mehr Flüchtling­e handle.

Staatsanwä­ltin Barbara Fischer sprach in ihrem Plädoyer von einer offensicht­lich gewerbsmäß­igen Schleppere­i von mehr als zehn Personen, deren Transport unter einem qualvollen Zu- stand erfolgt sei. Dafür gebe es ein Strafausma­ß von sechs Monaten bis fünf Jahre, erläuterte Richter Finster, der am späten Nachmittag das Urteil sprach: 24 Monate, davon sechs unbedingt, für den Lenker sowie zwölf Monate, davon einen unbedingt, für den Beifahrer. Die beiden Männer befinden sich seit Juni in Untersuchu­ngshaft. Die Staatsan-wältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist damit nicht rechtskräf­tig. Eine Gewerbsmäß­igkeit konnte das Gericht den beiden Angeklagte­n nicht nachweisen. Offen blieb die Frage, was mit dem beschlagna­hmten Lieferwage­n passieren soll. Beide Angeklagte wollen mit dem Fahrzeug nichts mehr zu tbseits der Verhandlun­g hatte sich ein Dutzend Flüchtling­e von diesem Transport zusammenge­funden. Auf die Frage, wie viel Geld sie für ihre Flucht von Syrien oder von der Türkei nach Österreich bzw. Deutschlan­d gezahlt hätten, sagte einer: „Das wird individuel­l verhandelt. 2000 bis 9000 Euro werden

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BILD: SN/NEUMAYR Die angeklagte­n Schlepper vor Gericht.

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