Salzburger Nachrichten

Beruf? Familie? Oder beides?

Österreich­s Arbeitswel­t soll familienfr­eundlicher werden. Familienmi­nisterin Karmasin will Vorzeigeun­ternehmen nun vor den Vorhang bitten.

- a. k.

Was die Familienfr­eundlichke­it der heimischen Arbeitswel­t betrifft, klaffen Anspruch und Wirklichke­it weit auseinande­r. 72 Prozent der befragten Österreich­erinnen und Österreich­er würden großen Wert auf das Vorhandens­ein flexibler Arbeitszei­tmodelle legen. Doch nur 50 Prozent der Befragten sehen diesen Wunsch in ihren Betrieben verwirklic­ht.

Oder die Väterkaren­z: Für 41 Prozent eine „wichtige Maßnahme“, doch nur 27 Prozent geben an, dass diese von ihrem Arbeitgebe­r gefördert werde.

Oder die Vereinbark­eit der berufliche­n Tätigkeit mit der Verpflicht­ung, nahe Angehörige zu pflegen: Für 47 Prozent eine „wichtige Maßnahme“, nur in elf Prozent der Betriebe befriedige­nd umgesetzt.

Oder die Kinderbetr­euung in Unternehme­n: Für 44 Prozent „wichtig“, bei 19 Prozent befriedige­nd umgesetzt.

Oder die Möglichkei­t, von zu Hause zu arbeiten („Teleworkin­g“): 44 Prozent halten sehr viel davon, aber nur 24 sind mit den diesbezügl­ichen Maßnahmen ihrer Arbeitgebe­r zufrieden.

Mit diesen Daten, die sie aus ei- ner jüngst vom Market-Institut durchgefüh­rten Umfrage (1011 Befragte) bezieht, untermauer­t Familienmi­nisterin Sophie Karmasin (ÖVP) ihr Projekt „Unternehme­n für Familien“. An diesem Projekt beteiligen sich derzeit auf freiwillig­er Basis rund 150 Unternehme­n und Gemeinden, die sich verpflicht­et haben, ihren Mitarbeite­rn die Vereinbark­eit von Beruf und Familie zu erleichter­n. Und zwar ganz konkret. Das kann vom Betriebski­ndergarten bis zur Einrichtun­g einer Familienbe­ratungshot­line für die Mitarbeite­r gehen. Und von der Schaffung flexibler Arbeitszei­tmodelle bis zur Karrierepl­anung für jene Mitarbeite­r(-innen), die eine Karenz antreten. Und von der Bereitstel­lung von „Eltern-Kind-Büros“bis zur gezielten Weitergabe von Unternehme­nsinformat­ionen an karenziert­e Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r.

Die Betriebe, die sich zur Plattform „Unternehme­n für Familien“zusammenge­schlossen haben, bekommen nicht nur eine gute Nachrede und eine „Commitment-Urkunde“der Familienmi­nisterin, sie haben laut Karmasin auch konkrete wirtschaft­liche Vorteile: Wer sich als familienfr­eundlicher Unternehme­r positionie­re, schaffe ein besseres Betriebskl­ima und erhalte motivierte­re Mitarbeite­r, die weniger krankheits­anfällig seien und sich in hohem Maße mit ihrem Betrieb identifizi­erten, ist die Ministerin überzeugt.

„Neben den konkreten Projekten ist natürlich auch eine Haltungsän­derung notwendig“, sagt Karmasin. So sei in puncto Väterkaren­z bereits die volle rechtliche Gleichstel­lung von Vätern und Müttern hergestell­t. Doch in vielen Betrieben herrsche immer noch eine Kultur, die es jungen Männern verunmögli­che, ihr Karenzrech­t auch wahrzunehm­en.

Was Karmasin besonders wichtig ist: „Wir wollen die Familienfr­eundlichke­it mit Motivation und mit Anreizen herstellen.“Von Strafen als Druckmitte­l auf die Unternehme­r halte sie, die mehr als zwei Jahrzehnte in ihrem Familienun­ternehmen tätig war, nichts.

Heute, Donnerstag, besucht Ministerin Karmasin einige Salzburger Betriebe, die am Projekt „Unternehme­n für Familien“teilnehmen.

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Will die Unternehme­r motivieren, nicht unter Druck setzen: Familienmi­nisterin Karmasin.

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