Salzburger Nachrichten

Im Altersheim Europa stört das Lachen der syrischen Kinder

Die syrischen Kinder, die Europa heute schlecht behandelt, könnten morgen den Kontinent vor der Armut bewahren.

- Ronald Barazon WWW.SALZBURG.COM/BARAZON

Die Bekämpfung der Flüchtling­e als Feinde hat nun ganz Europa erfasst. Die Logik hat ausgedient. Auch die Kenntnis historisch­er Entwicklun­gen. Und vor allem die Realisieru­ng der Lage Europas. Europa ist ein gigantisch­es Altersheim. Die geringe Zahl der Geburten muss dazu führen, dass in wenigen Jahren überwiegen­d Greise wenigen Jungen zur Last fallen. Der Kontinent schlittert in die Armutsfall­e.

Der Zustrom der Flüchtling­e erweist sich als mögliche Rettung in letzter Minute. Endlich kann die Bevölkerun­g wieder wachsen, kommen Menschen, die sich eine Existenz aufbauen wollen, die Herausford­erungen annehmen müssen und Neues schaffen.

Es sei kein Platz, lautet ein Schlachtru­f. Welch eine absurde Behauptung. Ganze Landstrich­e veröden, weil die Europäer zwar viel vom ländlichen Raum reden, aber in der Praxis in die Städte ziehen. Die Bevölkerun­gsdichte ist über weite Strecken erschrecke­nd gering. Dankbar sorgen die Flüchtling­e für Leben in den verlassene­n Dörfern.

Die Arbeitsplä­tze seien gefährdet, heißt der nächste Irrtum. Die Zahl der Arbeitsplä­tze ist keine fixe Größe, sondern hängt von der Dynamik der Volkswirts­chaft ab. Jeder neue Arbeitspla­tz schafft weitere, weil niemand allein arbeiten kann.

Zuwanderun­g sorgt nachweisli­ch für Erfolg. Die erfolgreic­hste Volkswirts­chaft der Welt, die USA, wurde von Flüchtling­en aus aller Welt aufgebaut. Israel, ein Land mit einer minimalen Fläche, hat in den Neunzigerj­ahren in kürzester Zeit 750.000 Flüchtling­e aus Russland aufgenomme­n, und zählt zu den reichen Industries­taaten.

Die falschen Behauptung­en sind Legion: Die Flüchtling­e können nicht Deutsch. Jawohl. Nur, warum finden nicht in allen derzeit leer stehenden Schulen Deutschkur­se statt? Dafür sei kein Geld vorhanden, lautet die gestammelt­e Entschuldi­gung der Regierung. Als ob nicht Studenten und pensionier­te Professore­n gerne für geringen Lohn einspringe­n würden.

Die Menschen würden die Ausländer ablehnen, lautet die nächste Parole, die die Politik der geschlosse­nen Grenzen rechtferti­gen soll. Ohne Zweifel, es gibt Personen, viele Personen, die gegen die Zuwanderun­g sind. Aber keineswegs alle: Für viele ist die Bereitscha­ft zur Hilfe eine Selbstvers­tändlichke­it.

Dass alle Parteien sich der Bekämpfung der Flüchtling­e widmen, zeugt schlicht von Dummheit. Die Ausländerh­asser wählen die traditione­ll rechten, ausländerf­eindlichen Parteien, daran ändern die Aktionen der anderen nichts. Jene, die für eine offene Politik eintreten, sind angewidert, dass sich die Vertreter der Nächstenli­ebe und des sozialen Engagement­s zu Handlanger­n der Hetzer machen.

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