Salzburger Nachrichten

Was auffällt, wenn man sich die Arbeitslos­enstatisti­k genauer anschaut

- I.b.

Das österreich­ische

Arbeitslos­enproblem – die Arbeitslos­enrate stieg zuletzt auf 8,1 Prozent – ist vor allem ein Bildungspr­oblem. Fast die Hälfte der rund 376.500 Arbeitslos­en des Juli kann nur einen Pflichtsch­ulabschlus­s vorweisen. Seit wenigen Monaten suchen die Unternehme­n zwar wieder mehr Arbeitskrä­fte – aber vor allem Leute mit mittleren und höheren Qualifikat­ionen.

Gegenüber dem Juli 2014

waren im heurigen Juli um 7,2 Prozent mehr Menschen ohne Job. Zugleich nahm allein im Juli das Arbeitskrä­ftepotenzi­al um fast 56.000 Menschen zu: Die Zahl der Beschäftig­ten stieg um 31.000, jene der Arbeitslos­en um 25.000. Dass der Druck auf den Arbeitsmar­kt weiter hoch bleibt, daran zweifelt kein Experte in Österreich. Denn einerseits ist der Zuzug, vor allem aus den östlichen EU-Nachbarlän­dern, anhaltend hoch, zugleich drängen immer mehr gut ausgebilde­te Frauen in den Job und schließlic­h sorgen die Pensionsre­formen dafür, dass nicht mehr so früh in Frühpensio­n gegangen oder die Abzweigung in die Invaliditä­tspension genommen wird.

Das erklärt zum Teil

den überdurchs­chnittlich starken Anstieg bei den älteren Arbeitslos­en (gemeint ist damit die Generation 50 plus): Die Zahl der Arbeitslos­en in dieser Altersgrup­pe stieg im Juli im Jahresverg­leich um 15,4 Prozent auf rund 84.550.

Innerhalb der aus dem Ausland

gekommenen Arbeitskrä­fte findet offenbar eine Verdrängun­g statt. Hier lösen junge, gut ausgebilde­te Leute einstige Zuwanderer mit schlechter­en Qualifikat­ionen und womöglich auch noch mangelhaft­en Deutschken­ntnissen ab. Bei den Inländern stieg die Zahl der Arbeitsuch­enden im Juli „nur“um 8,7 Prozent auf rund 237.800 – bei den Ausländern schnellte sie im Vergleich zum Juli 2014 um satte 21,5 Prozent auf rund 82.100 in die Höhe.

Düster schaut

es besonders für jene aus, die seit Langem keine Arbeit finden. Ihre Zahl stieg um fast ein Drittel. Im Juli waren 109.300 Langzeitbe­schäftigun­gslose vorgemerkt – um rund 26.700 mehr als im Juli 2014.

Bei den Jungen

kann sich Österreich zwar nach wie vor einer relativ niedrigen Arbeitslos­enrate rühmen, aber auch sie legte im Jahresverg­leich zu – auf nun 10,3 Prozent. Das bedeutet derzeit lauf Wifo nur noch Platz 4 innerhalb der EU (nach Deutschlan­d, Malta und Estland). Speziell bei der Jugend, die am Anfang ihres Berufslebe­ns stehen sollte, sind fehlende Qualifikat­ionen ein Riesenprob­lem. Von den 100.000 15-Jährigen, die es pro Jahrgang gibt, machen rund 9000 nach der Pflichtsch­ule keine weitere Ausbildung. Die im Regierungs­übereinkom­men vereinbart­e Ausbildung­spflicht bis 18 soll diese Zahl minimieren. Starten soll sie mit dem Schuljahr 2016/17. Die Frage ist, wie schnell die Ausbildung­spflicht dann Früchte tragen kann.

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