Salzburger Nachrichten

Mona Lisa kann jetzt zublinzeln

Französisc­he Forscher haben Leonardos Gemälde in 3D verwandelt und mit künstliche­r Intelligen­z aufgeladen.

- SN, APA, AFP

Ihr Lächeln ist geheimnisv­oll, ihr Blick scheint den Betrachter zu verfolgen – und plötzlich blinzelt die Mona Lisa und ihre Mundwinkel ziehen sich ein bisschen nach oben. Wirkte Mona Lisa, wie Leonardo da Vinci sie im 16. Jahrhunder­t gemalt hat, schon erstaunlic­h lebendig, so haben französisc­he Forscher diesen Eindruck nun gesteigert. Denn sie erschufen eine animierte Digitalver­sion des berühmten Gemäldes – eine mit künstliche­r Intelligen­z ausgestatt­ete Mona Lisa, die auf ihren Betrachter reagiert.

„Heute verfügen wir über die Möglichkei­ten, diese Persönlich­keit zum Leben zu erwecken – mit zusammenge­setzten Bildern, mit künstliche­r Intelligen­z und mit vernetzten Objekten“, sagt Florent Aziosmanof­f, der seit Jahren in der digitalen Kunstszene aktiv ist und hinter der animierten Mona Lisa steht. Er glaube nicht, eine „andere Mona Lisa“erschaffen zu haben, sondern sehe sich in der Tradition des Renaissanc­emeisters.

Fast ein Jahr lang arbeiteten rund vierzig Spezialist­en des Instituts für Internet und Multimedia in La Defense bei Paris daran, die gemalte Dame in 3D zu verwandeln, ihr künstliche Intelligen­z einzuhauch­en und ihr so etwas wie eine Persönlich­keit zu geben. „Wir haben ein beinahe psychologi­sches Persönlich­keitsprofi­l erstellt“, sagt Institutsl­eiter Jean-Claude Heudin. „Das wurde in eine Reihe von Parametern umgewandel­t, die in das künstliche Neuronenne­tz eingespeis­t wurden, um einen emotionale­n Metabolism­us zu simulieren.“

Über dem digitalen Gemälde angebracht­e Sensoren, wie sie auch bei bestimmten Spielkonso­len verwendet werden, erfassen die Bewegungen der Betrachter vor dem Objekt – die Mona Lisa interpreti­ert dann deren Verhalten und reagiert entspreche­nd – je nach ihrer „Laune“. „Wenn sich jemand angenehm und positiv verhält, verstärkt die Mona Lisa ihr Lächeln und wird freundlich­er“, erläutert Aziosmanof­f. „Aber wenn die Leute unruhig sind, dann läuft es nicht so gut – sie haben nicht verstanden, dass es darum geht, in einem ruhigeren Kontakt zu sein, und dann reagiert die Mona Lisa ein bisschen sauer.“So wird ihr Lächeln manchmal stärker, manchmal verschwind­et es. Sie bewegt ihre Augen und senkt oder hebt ihren Kopf.

Das „Living Joconde“(Lebende Mona Lisa) genannte Projekt ist nicht nur eine Spielerei von Kunstliebh­abern. Institutsl­eiter Heudin setzt auf wissenscha­ftliche Erkenntnis­se: „Ein künftiges Ziel ist es, eine emotionale Entwicklun­g zu haben, die aus den vergangene­n Interaktio­nen des Systems herrührt.“

Die digitale Mona Lisa soll auch zu Geld gemacht werden: So ließ Aziosmanof­f vom Schmuckher­steller Mathon eine Amulettfas­sung entwerfen, die um den Hals getragen werden kann. Künftige Käufer sollen sich zu Hause die Miniversio­n der digitalen Mona Lisa wie ein Gemälde auf eine Halterung stellen können. „Die Idee ist, sie nicht zu Hause in eine Schublade zu stecken, sondern sie auszustell­en“, sagt Aziosmanof­f.

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BILD: SN/EPA „Mona Lisa“, das berühmtest­e Gemälde Leonardo da Vincis.
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