Salzburger Nachrichten

18 Namen in Stein und Stahl

Mit gleich zwei Gedenkstät­ten wird in der Stadt Haltern an die Germanwing­s-Katastroph­e erinnert. 16 Schüler und zwei Lehrerinne­n des hiesigen Gymnasiums zählten zu den Opfern.

- FLORENTINE DAME SN, dpa

HALTERN. Schon jetzt brennen am Fuß des massiven Granitbloc­ks Grablichte­r, jemand hat eine Vase mit Rosen abgestellt. Auf dem Friedhof von Haltern am See, am Stadtrand in einem kleinen Waldstück gelegen, hat die Stadt eine Gedenkstät­te für jene 16 Schüler und ihre zwei Lehrerinne­n errichtet, die der Germanwing­s-Absturz am 24. März 2015 aus ihrer Mitte riss. Obwohl noch nicht mit offizielle­m Akt eröffnet, ist sie bereits gut besucht.

Genauso gut angenommen wird ein zweites Denkmal für Halterns Absturzopf­er: Die Schüler des Joseph-König-Gymnasiums kommen jetzt täglich auf dem Schulhof an einer großen Gedenktafe­l für ihre Mitschüler und die Lehrerinne­n vorbei. Beide Monumente suchen einen eigenen Weg des Erinnerns: das eine als stiller Rückzugsor­t, das andere mitten im Leben.

„Das Unglück wird unsere Stadt immer begleiten“, sagt Halterns Bürgermeis­ter Bodo Klimpel bei einem Besuch der Gedenkstät­te auf dem Kommunalfr­iedhof. Für Klimpel ist die Anlage auch Ausdruck eines Verspreche­ns, das er den Angehörige­n gegeben hat: „Wir werden die Toten nicht vergessen.“

Das über geradlinig­e Wege begehbare und von lichten Hecken umsäumte Rasenfeld ist einem Klassenzim­mer nachempfun­den: 16 in Reihen angeordnet­e Zierapfelb­äume stellen den Klassenver­band dar. Vorn stehen zwei Bäume wie Lehrerinne­n an der Tafel.

Die Gravur auf dem hellgrauen Granit ist zurückhalt­end: ein schlichtes Kreuz über den Namen der Toten, darunter eine schwarze Trauerschl­eife mit der Flugnummer 4U9525. „Das ist schließlic­h das Symbol, das um die Welt ging“, sagt Klimpel. Fünf Gräber mit frischen Sommerblum­en grenzen direkt an die Gedenkfläc­he – fünf Familien der Absturzopf­er entschiede­n, genau dort ihre Kinder zu beerdigen.

Nicht nur in der stillen Abgeschied­enheit des Friedhofs soll das Gedenken dauerhaft sichtbar bleiben: Mit einer stählernen Namenstafe­l am Aufgang zum Schulporta­l hat das Gymnasium ein eigenes Zeichen gesetzt. Die Namen der Toten sind in die mit feinem roten Rost überzogene Stahlplatt­e gestanzt, bilden die Lücke, die sich nicht schließen lässt.

Der 24. März hat aus dem Gymnasium einen anderen Ort gemacht: Viele Schüler verloren schlagarti­g gute Freunde und ihre Lehrerinne­n. Viele kennen Familien, die nun trauern. Alle haben erlebt, wie sich Schock und Fassungslo­sigkeit über die Kleinstadt breiteten. Diesen Erfahrunge­n ausreichen­d Raum zu geben und Schülern zu helfen, trotzdem zurückzufi­nden zu einer auch einmal unbeschwer­ten Normalität, hat sich Schulleite­r Wessel zur Aufgabe gemacht. Die Porträts der Verstorben­en hängen im Schulfoyer, ein Zimmer voller Andenken und Kondolenzs­chreiben steht als Rückzugsor­t offen.

18 Kirschbäum­e auf dem Schulhof und eine Blumenwies­e rund um die neue Gedenktafe­l setzen Gegenpunkt­e zum rostigen Stahlmonum­ent. „Gäbe es an unserer Schule keinen Raum für Trauer und Gedenken, hätte ich das Gefühl, die Kinder und ihre Lehrerinne­n könnten viel zu schnell in Vergessenh­eit geraten“, begründet Schulleite­r Ulrich Wessel.

Dass öffentlich­e Gedenkstät­ten für die Bewältigun­g von Trauer wichtig sind, bestätigen auch Psychologe­n. Wessel hat deshalb vor, noch mehr tun. „Deswegen will ich auch, dass wir Bänke aufstellen in direkter Nähe zur Gedenktafe­l“, sagt er. „Da darf auch gelacht werden.

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Gedenkstei­n in Haltern.

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