Salzburger Nachrichten

Warum es beim Schneiden schief wird

Linkshände­r tun sich beim Schneiden mit einem Messer, das für Rechtshänd­er geschaffen ist, unnötig schwer. Oft wissen Betroffene das aber selbst nicht, weil sie noch nie ein passendes Arbeitsger­ät in der Hand hatten.

- JOSEF BRUCKMOSER

WIEN. Brotmesser, Dosenöffne­r Spitzer, Spiralbloc­k, Gartensche­re – viele dieser alltäglich­en Geräte und Handwerksz­euge werden von Linkshände­rn buchstäbli­ch „anders in die Hand genommen“als von Rechtshänd­ern. Für Linkshände­r, die ein für ihren Bedarf gebautes Gerät besitzen, ist dieses längst unentbehrl­ich geworden. Viele andere wissen aber nicht, dass es geeignete Werkzeuge für sie gibt und wie hilfreich diese wären.

Andrea Hayek-Schwarz, Linkshände­rberaterin und Obfrau des Vereins LinkeHand, will daher anlässlich des heutigen Linkshände­rtags vor allem diese Wissenslüc­ke schließen. „Manchen Betroffene­n ist nicht bewusst, dass ihre Scheu vor der Verwendung eines Dosenöffne­rs oder die Tatsache, dass die von Hand geschnitte­nen Brotscheib­en immer schief werden, mit ihrer Linkshändi­gkeit zu tun haben.“

Linkshände­r sind von Anfang an daran gewöhnt bis zu einem gewissen Grad auch mit nicht passenden Geräten zurechtzuk­ommen. Die Verwendung von Rechtshänd­erwerkzeug erfordert von ihnen aber deutlich mehr Konzentrat­ion und Anstrengun­g. Klassische Beispiele sind Brot- oder Käsemesser, die ein besonders feines Schneiden ermögliche­n und dafür oft mit einem einen einseitig schrägen Wellenschl­iff versehen sind.

Solche Messer führen nur mit rechts zu einem präzisen und geraden Schnitt, weil die glatt durchgehen­de Seite beim Brotlaib ist und die Seite mit dem Schliff bei der Brotscheib­e. Wenn Linkshände­r Brot mit dem Rechtshänd­ermesser (Schliff auf der rechten Seite) schneiden, entstehen schräge Schnitte, gegen die sie Millimeter für Millimeter ankämpfen müssen.

„Auch wenn einzelne Aktivitäte­n mit Rechtshand­geräten bei kurzem Gebrauch nicht problemati­sch sind, ist es doch die Menge der Barrieren am Tag, die belastet“, sagt HayekSchwa­rz. „Linkshändi­ge Kinder, denen ein Linkshands­pitzer zur Verfügung steht, lernen deutlich früher ihre Stifte zu spitzen als mit einem Rechtshänd­erspitzer.“Der Grund: Die Richtung der Drehbewegu­ng ist für Links- und Rechtshänd­er unterschie­dlich effektiv. Der Linkshände­r muss mit einem normalen Spitzer „nach innen“drehen, man hat aber mehr Kraft und Gefühl, wenn man „nach außen“dreht. Macht ein Kind seine ersten Spitzversu­che mit einem Modell, das mit der Händigkeit nicht im Einklang steht, so entsteht leicht das Gefühl, unfähig zu sein.

Wichtig wäre für Linkshände­r auch, dass sie die angebotene­n Geräte auch selbst ausprobier­en könnten. „Deshalb wäre der Einkauf im Geschäft dem Versand vorzuziehe­n“, sagt die Vereinsobf­rau. „Leider sind Linkshandp­rodukte im Einzelhand­el immer noch schwer zu bekommen. Nur 17 Prozent der von uns befragten Linkshände­rinnen und Linkshände­r bekommen problemlos, was sie brauchen.“

Derzeit gibt es nur in zwei Bundesländ­ern (Wien und Vorarlberg) spezielle Fachgeschä­fte mit einem reichhalti­gen Sortiment an Links- handproduk­ten. Zu Schulbegin­n gibt es in manchen Geschäften Produkte wie Kindersche­ren und Spitzer für Linkshände­r zu kaufen.

Es müssten allerdings nicht einmal für jeden Gebrauch spezielle Linkshände­rprodukte sein, sagt Hayek-Schwarz. „Anstelle jedes Gerät in zwei Varianten herzustell­en, wäre es sinnvoll, eine seitenneut­rale Ausführung zu kreieren.“Hier liege es mehr am fehlenden Bewusstsei­n bei den Produktdes­ignern als an Problemen bei der Umsetzung.

 ?? BILD: SN/COUNTRYPIX­EL - FOTOLIA ?? Messer mit einem einseitig schrägen Wellenschl­iff sind für Linkshände­r eine Plage.
BILD: SN/COUNTRYPIX­EL - FOTOLIA Messer mit einem einseitig schrägen Wellenschl­iff sind für Linkshände­r eine Plage.

Newspapers in German

Newspapers from Austria