Warum es beim Schneiden schief wird
Linkshänder tun sich beim Schneiden mit einem Messer, das für Rechtshänder geschaffen ist, unnötig schwer. Oft wissen Betroffene das aber selbst nicht, weil sie noch nie ein passendes Arbeitsgerät in der Hand hatten.
WIEN. Brotmesser, Dosenöffner Spitzer, Spiralblock, Gartenschere – viele dieser alltäglichen Geräte und Handwerkszeuge werden von Linkshändern buchstäblich „anders in die Hand genommen“als von Rechtshändern. Für Linkshänder, die ein für ihren Bedarf gebautes Gerät besitzen, ist dieses längst unentbehrlich geworden. Viele andere wissen aber nicht, dass es geeignete Werkzeuge für sie gibt und wie hilfreich diese wären.
Andrea Hayek-Schwarz, Linkshänderberaterin und Obfrau des Vereins LinkeHand, will daher anlässlich des heutigen Linkshändertags vor allem diese Wissenslücke schließen. „Manchen Betroffenen ist nicht bewusst, dass ihre Scheu vor der Verwendung eines Dosenöffners oder die Tatsache, dass die von Hand geschnittenen Brotscheiben immer schief werden, mit ihrer Linkshändigkeit zu tun haben.“
Linkshänder sind von Anfang an daran gewöhnt bis zu einem gewissen Grad auch mit nicht passenden Geräten zurechtzukommen. Die Verwendung von Rechtshänderwerkzeug erfordert von ihnen aber deutlich mehr Konzentration und Anstrengung. Klassische Beispiele sind Brot- oder Käsemesser, die ein besonders feines Schneiden ermöglichen und dafür oft mit einem einen einseitig schrägen Wellenschliff versehen sind.
Solche Messer führen nur mit rechts zu einem präzisen und geraden Schnitt, weil die glatt durchgehende Seite beim Brotlaib ist und die Seite mit dem Schliff bei der Brotscheibe. Wenn Linkshänder Brot mit dem Rechtshändermesser (Schliff auf der rechten Seite) schneiden, entstehen schräge Schnitte, gegen die sie Millimeter für Millimeter ankämpfen müssen.
„Auch wenn einzelne Aktivitäten mit Rechtshandgeräten bei kurzem Gebrauch nicht problematisch sind, ist es doch die Menge der Barrieren am Tag, die belastet“, sagt HayekSchwarz. „Linkshändige Kinder, denen ein Linkshandspitzer zur Verfügung steht, lernen deutlich früher ihre Stifte zu spitzen als mit einem Rechtshänderspitzer.“Der Grund: Die Richtung der Drehbewegung ist für Links- und Rechtshänder unterschiedlich effektiv. Der Linkshänder muss mit einem normalen Spitzer „nach innen“drehen, man hat aber mehr Kraft und Gefühl, wenn man „nach außen“dreht. Macht ein Kind seine ersten Spitzversuche mit einem Modell, das mit der Händigkeit nicht im Einklang steht, so entsteht leicht das Gefühl, unfähig zu sein.
Wichtig wäre für Linkshänder auch, dass sie die angebotenen Geräte auch selbst ausprobieren könnten. „Deshalb wäre der Einkauf im Geschäft dem Versand vorzuziehen“, sagt die Vereinsobfrau. „Leider sind Linkshandprodukte im Einzelhandel immer noch schwer zu bekommen. Nur 17 Prozent der von uns befragten Linkshänderinnen und Linkshänder bekommen problemlos, was sie brauchen.“
Derzeit gibt es nur in zwei Bundesländern (Wien und Vorarlberg) spezielle Fachgeschäfte mit einem reichhaltigen Sortiment an Links- handprodukten. Zu Schulbeginn gibt es in manchen Geschäften Produkte wie Kinderscheren und Spitzer für Linkshänder zu kaufen.
Es müssten allerdings nicht einmal für jeden Gebrauch spezielle Linkshänderprodukte sein, sagt Hayek-Schwarz. „Anstelle jedes Gerät in zwei Varianten herzustellen, wäre es sinnvoll, eine seitenneutrale Ausführung zu kreieren.“Hier liege es mehr am fehlenden Bewusstsein bei den Produktdesignern als an Problemen bei der Umsetzung.