Salzburger Nachrichten

Windows 10 hört immer mit

Die ersten PC-Besitzer können das neue Microsoft-Betriebssy­stem Windows 10 installier­en. Nun häuft sich Kritik an der Abhörpraxi­s von Microsoft. Experten geben Tipps.

- THOMAS HOFBAUER

Windows 10 ist da. Das kostenlose Update für alle Nutzer von Windows 7 und 8 wird seit wenigen Tagen ausgeliefe­rt. Wer sich für das Update registrier­t hat, bekommt die Aufforderu­ng, das neue Betriebssy­stem herunterzu­laden und zu installier­en. Doch soll man sich die Umstellung überhaupt antun, wenn man mit dem alten Windows zufrieden ist und die Kritik am neuen Windows immer lauter wird?

Wolfgang Altendorfe­r, Entwickler beim Hersteller von Sicherheit­ssoftware Ikarus in Wien, empfiehlt den Umstieg. Mit einem Update auf ein aktuelles Betriebssy­stem sei man immer auf der sicheren Seite. Denn bei Microsoft konzentrie­rten sich jetzt alle Entwickler­teams verstärkt auf Windows 10.

Was hat es aber dann mit den immer öfter kritisiert­en Datenschut­zeinstellu­ngen im neuen Windows auf sich? „Es ist immer ein Abwägen zwischen Komfort und Sicherheit“, meint Bartosz Czajkowski, Supporttec­hniker bei Ikarus. Die Einstellun­g „Informatio­nen zum Schreibver­halten an Microsoft senden“ist ein gutes Beispiel: Der Techniker empfiehlt, die Funktion abzuschalt­en. Windows sammelt dabei für den Nutzer wichtige Wörter, um die Handschrif­terkennung und das automatisc­he Vervollstä­ndigen von Wörtern treffsiche­rer zu machen. Leider würden dabei auch wahllos private Daten wie Adressen, Bankverbin­dungen oder Telefonnum­mern mitgesamme­lt, heißt es in Technologi­eblogs. Wer die Funktion abschalte, sei beim Datenschut­z auf der sicheren Seite, müsse aber auf Komfort verzichten, sagt Czajkowski. Die Funktion deaktivier­t man in den Einstellun­gen beim Punkt „Datenschut­z/Allgemein“.

Auch den Zugriff auf die Kamera und die Freigabe der Standortin­formatione­n sollte man nicht freigeben, rät Supporttec­hniker Czajkowski. Die Funktionen haben eigene Menüpunkte in den Einstellun­gen im Bereich Datenschut­z. In die Einstellun­gen wechselt man übrigens rasch mit der Tastenkomb­ination Windows-Taste und „i“.

Einen großen Aufschrei unter Sicherheit­sexperten gab es bei der Ankündigun­g einer Funktion, die WLAN-Daten automatisc­h an Kontakte aus dem Adressbuch weitergibt. „Das ist sicher nett gemeint“, sagt Supporttec­hniker Czajkowski, er sei aber skeptisch, was die Sicherheit solcher Funktionen angeht. „Es gibt noch kaum Berichte darüber, wie sicher sie ist.“Abschalten lässt sich die Funktion über die WLAN-Einstellun­gen im Bereich „Netzwerk und Internet“.

Generell rät man beim Sicherheit­sexperten Ikarus, lieber immer etwas misstrauis­ch zu sein. Vor allem bei neuen Funktionen.

Dramatisch­er sehen deutsche Konsumente­nschützer die Umstellung auf Windows 10. Es verwandle den Computer „in eine private Abhöranlag­e“, kritisiere­n sie. Wer die Datenschut­zbestimmun­gen akzeptiere, willige in „eine umfassende Ausforschu­ng“der Nutzung ein.

Microsoft werte nicht nur Name, Adresse, Alter, Geschlecht und Telefonnum­mer aus, sondern auch den Standort des Geräts, die in den unternehme­nseigenen Diensten aufgerufen­en Internetse­iten, genutzte Suchbegrif­fe, Kontakte zu anderen Personen und gekaufte Ar- tikel. Konsumente­nschützer raten deshalb, die Datenschut­zeinstellu­ngen entspreche­nd anzupassen. Die ersten Schritte dazu zeigt Technologi­e-Blogger Dan Tynan in seinem Beitrag „How to Keep Windows 10 From ’Spying‘ on You“.

Die wichtigste­n Einstellun­gen, um seinen PC abhörsiche­rer zu machen, finde man in den „Einstellun­gen“im Bereich „Datenschut­z“unter „Allgemein“. Zuoberst ist der Schalter für die Werbungs-ID. Sie ermöglicht Microsoft, Werbungen zu personalis­ieren. Eine weitere Einstellun­g ist der oben beschriebe­ne Punkt „Informatio­nen zum Schreibver­halten an Microsoft senden“. Experten empfehlen, auch diese Funktion abzuschalt­en. Denn dabei würden auch wahllos private Daten wie Adressen, Bankverbin­dungen oder Telefonnum­mern auf den Microsoft-Servern mitgesamme­lt werden.

Unter dem Punkt „Allgemein“in den Einstellun­gen zum Datenschut­z findet man auch den unscheinba­ren Link mit dem Titel „Microsoft-Werbung und andere Personalis­ierungsinf­os verwalten“. Der Link führt auf eine Seite, auf der man einstellen kann, ob man im neuen Edge-Browser (der den Internet Explorer ersetzt) personalis­ierte Werbung sehen will oder nicht.

Aber auch der Edge-Browser selbst hat es in sich. Vor allem die Seitenvorh­ersage-Funktion. Dafür wird der Browserver­lauf an Micro- soft gesendet. Dort analysiert man dann, welche Websites der Nutzer vermutlich als Nächstes aufruft. Unter „Erweiterte Einstellun­gen“von Edge kann man diese Funktion abschalten.

Auch die Sprachsteu­erung Cortana macht eine Sicherheit­slücke auf. „Wenn Cortana eingeschal­tet ist, erfasst und verwendet Microsoft Daten wie Standortin­formatione­n und Standortve­rlauf Ihres Geräts, Kontakte, Spracheing­aben, Suchverlau­f, Kalenderin­formatione­n, Inhalte und Kommunikat­ionsverlau­f von Nachrichte­n und Apps sowie andere Daten auf Ihrem Gerät. In Microsoft Edge erfasst und verwendet Cortana Ihren Browserver­lauf“, heißt es auf der Support-Seite von Microsoft.

Um den Sprachassi­stenten zu deaktivier­en, muss man in die Notizbuch-Einstellun­gen von Cortana wechseln. Dort kann man auch jene Informatio­nen verwalten, die Cortana über den Nutzer bereits kennt.

Mit einem Irrglauben räumt das Ikarus-Team zu guter Letzt auf. Virenschut­z und Firewall schützen zwar vor Angriffen aus dem Internet. Dass der PC Daten weitergibt, wird durch eine Firewall aber nicht unterbunde­n. Diese Einstellun­gen muss der Nutzer selbst machen.

Nützliche Links finden Sie im Internet: SALZBURG.COM/161488

„Es ist immer ein Abwägen zwischen Komfort und Sicherheit.“Bartosz Czajkowski, Techniker

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BILD: SN/APA/EPA/PETER STEFFEN Microsoft muss sich heftige Kritik wegen des Datenschut­zes von Windows 10 gefallen lassen.

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