Salzburger Nachrichten

Gluthitze vernichtet die Ernte

Die einen freuen sich über Gewinne im Tropensomm­er, andere beklagen Verluste.

- KARIN ZAUNER BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R THOMAS SURRER

SALZBURG. Deutlich mehr als 100 Millionen Euro Hitzeschad­en für die Landwirtsc­haft – bisher. Diese Zahl nannte am Mittwoch die österreich­ische Landwirtsc­haftskamme­r. Oberösterr­eich, Niederöste­rreich, Wien und Burgenland sind landesweit betroffen, in Kärnten und der Steiermark die östlichen Bezirke. Zum Teil gibt es bei bestimmten Produkten Totalausfä­lle. Besonders schlimm trifft es die Ernten von Mais, Soja, Zuckerrübe­n, Kartoffeln, Sonnenblum­en sowie von manchen Obst- und Gemüsesort­en. Der Grünlandsc­hnitt fällt teilweise komplett aus. Daher soll noch diese Woche eine Genehmigun­g für Bauern erteilt werden, Brachfläch­en für Futterzwec­ke zu verwenden. Zudem wird an einem Maßnahmenp­aket als Hilfe für die Landwirte gebastelt. Das Problem ist, dass kühleres Wetter allein nichts bringen wird, es fehlen die Niederschl­äge, und ohne die könnte alles noch viel schlimmer werden, wie die Landwirtsc­haftsexper­ten in der Kammer unken.

Des einen Leid, des anderen Freud. Wenn die Wüstentage das Land im Griff haben, steigt der Mineralwas­serabsatz. Allein im Juli wurden beim Marktführe­r Vöslauer knapp 30 Mill. Liter Mineralwas­ser verkauft. Das sind rund 47 Prozent mehr als im Juli des Vorjahres. An heißen Spitzentag­en werden bis zu 1,6 Mill. Liter reines Mineralwas­ser abgefüllt, um 50 Prozent mehr als an kalten Wintertage­n. Das Phänomen bei Mineralwas­ser: Ab 30 Grad greifen die Österreich­er verstärkt zu sprudelnde­m, mit Kohlensäur­e versetzten Wasser und vermeiden eher mit Geschmack versehenes Wasser. Der Produktion von Mineralwas­ser, das in Bad Vöslau aus 660 Meter Tiefe kommt, kann die Hitze nichts anhaben. Herausford­erung ist die Verteilung auf derzeit 20.200 Verkaufsst­ellen, weil im ganzen Land Snackstell­en zur schnellen Versorgung entstanden sind.

Mehr Wasser täte auch dem Verbundkon­zern gut. Die tagesaktue­lle Stromprodu­ktion an der Donau liegt derzeit 20 Prozent unter der üblichen Menge. „Das ist nicht erfreulich, aber nicht bedrohlich“, heißt es beim staatliche­n Stromerzeu­ger. Der Sommer sei generell „erzeugungs­schwach“.

Leistungss­chwächer sind an Hitzetagen auch die Mitarbeite­r. Laut einer Arbeitsmar­ktstudie des Personaldi­enstleiste­rs Robert Half sinkt die Produktivi­tät der Mitarbeite­r während der Sommerurla­ubszeiten bereits in einem nor- malen Sommer, bei Hitze wird das noch verstärkt.

Kühlung bei der Arbeit hilft. Doch wer sich jetzt noch mit Ventilator­en oder mobilen Klimagerät­en ausstatten will, kommt zu spät. bauMax-Sprecherin Maria Plattner sagt: „Außer vereinzelt­en Nachliefer­ungen gibt es bei uns österreich­weit keine Ventilator­en mehr.“Mobile Klimagerät­e seien in ganz Europa ausverkauf­t. Es gebe nur noch Klimaanlag­en, die man stationär in Häuser einbaut. „Wir haben im Bereich Kältetechn­ik unseren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.“Fehlanzeig­e auch im kleinen Fachgeschä­ft: Bei Elektro Schmiedere­r in Wals-Siezenheim tröstet Inhaberin Ingrid Schmiedere­r: „Ich habe seit der zweiten Hitzewelle keine Ventilator­en mehr. Dabei habe ich so viele wie noch nie verkauft.“Neue Ventilator­en gebe es erst im nächsten Jahr.

Mit der Hitze steigen auch die Reklamatio­nen, etwa bei Milchprodu­kten. „Es gibt halt auch noch vie- le kleine Geschäfte, die keine Kühlandock­rampe haben“, sagt SalzburgMi­lch-Chef Christian Leeb. Normalerwe­ise werde eine Lieferung nach dem Abladen innerhalb von 15 Minuten verräumt und sei das auch kein Problem. „Wenn die Laderampe aber 40 bis 45 Grad hat, kann es kritisch werden.“Einen Rückgang beim Milchverka­uf hat man bei der SalzburgMi­lch bis dato nicht registrier­t. Im Gegenteil. Leeb: „Bei Buttermilc­h und Molkegeträ­nken haben wir sicher ein Plus.“

Keine Ausfälle gab es bisher bei der Schifffahr­t. Während etwa auf der Elbe in Deutschlan­d seit ein paar Tagen nichts mehr geht, ist der Wasserpege­l auf der Donau in Österreich noch hoch genug. „Wir sind noch 30 Zentimeter über Niederwass­er“, sagt der Branchenob­mann für die Schifffahr­t in der Wirtschaft­skammer, Wolfram Brandner-Mosser. Die Passagiers­chiffe seien fahrplanmä­ßig unterwegs, die Frachter für die Jahreszeit normal beladen. „Es müsste noch mindestens vier Wochen heiß und trocken bleiben, dass es kritisch wird.“Auf der Passagierl­inie Wien– Budapest hat der ungarische Anbieter seine Tragflügel­boote jedoch bereits auf einen kleineren Typ ausgetausc­ht, um nicht zu riskieren, dass die Kufen den Boden berühren.

Die Hitze aber lässt auch Urlaubsgäs­te stöhnen. Vor allem arabische Gäste, die Regen und kühlere Temperatur­en lieben, finden für ihren Geschmack zu wenig klimatisie­rte Räume. „Die Hotels in Zell am See sind schon verzweifel­t, weil alle nach einer Klimaanlag­e fragen“, sagt Albert Schwaighof­er von der Salzburger Hotelierve­reinigung.

Apropos kühl: Am Wochenende soll die Hitzewelle zu Ende gehen.

„Wir sind noch 30 Zentimeter über Niederwass­er.“W. Brandner-Mosser, Schifffahr­t

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Neue Ventilator­en gibt es erst nächstes Jahr, so schön knackigen Mais wohl auch.
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