Gluthitze vernichtet die Ernte
Die einen freuen sich über Gewinne im Tropensommer, andere beklagen Verluste.
SALZBURG. Deutlich mehr als 100 Millionen Euro Hitzeschaden für die Landwirtschaft – bisher. Diese Zahl nannte am Mittwoch die österreichische Landwirtschaftskammer. Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und Burgenland sind landesweit betroffen, in Kärnten und der Steiermark die östlichen Bezirke. Zum Teil gibt es bei bestimmten Produkten Totalausfälle. Besonders schlimm trifft es die Ernten von Mais, Soja, Zuckerrüben, Kartoffeln, Sonnenblumen sowie von manchen Obst- und Gemüsesorten. Der Grünlandschnitt fällt teilweise komplett aus. Daher soll noch diese Woche eine Genehmigung für Bauern erteilt werden, Brachflächen für Futterzwecke zu verwenden. Zudem wird an einem Maßnahmenpaket als Hilfe für die Landwirte gebastelt. Das Problem ist, dass kühleres Wetter allein nichts bringen wird, es fehlen die Niederschläge, und ohne die könnte alles noch viel schlimmer werden, wie die Landwirtschaftsexperten in der Kammer unken.
Des einen Leid, des anderen Freud. Wenn die Wüstentage das Land im Griff haben, steigt der Mineralwasserabsatz. Allein im Juli wurden beim Marktführer Vöslauer knapp 30 Mill. Liter Mineralwasser verkauft. Das sind rund 47 Prozent mehr als im Juli des Vorjahres. An heißen Spitzentagen werden bis zu 1,6 Mill. Liter reines Mineralwasser abgefüllt, um 50 Prozent mehr als an kalten Wintertagen. Das Phänomen bei Mineralwasser: Ab 30 Grad greifen die Österreicher verstärkt zu sprudelndem, mit Kohlensäure versetzten Wasser und vermeiden eher mit Geschmack versehenes Wasser. Der Produktion von Mineralwasser, das in Bad Vöslau aus 660 Meter Tiefe kommt, kann die Hitze nichts anhaben. Herausforderung ist die Verteilung auf derzeit 20.200 Verkaufsstellen, weil im ganzen Land Snackstellen zur schnellen Versorgung entstanden sind.
Mehr Wasser täte auch dem Verbundkonzern gut. Die tagesaktuelle Stromproduktion an der Donau liegt derzeit 20 Prozent unter der üblichen Menge. „Das ist nicht erfreulich, aber nicht bedrohlich“, heißt es beim staatlichen Stromerzeuger. Der Sommer sei generell „erzeugungsschwach“.
Leistungsschwächer sind an Hitzetagen auch die Mitarbeiter. Laut einer Arbeitsmarktstudie des Personaldienstleisters Robert Half sinkt die Produktivität der Mitarbeiter während der Sommerurlaubszeiten bereits in einem nor- malen Sommer, bei Hitze wird das noch verstärkt.
Kühlung bei der Arbeit hilft. Doch wer sich jetzt noch mit Ventilatoren oder mobilen Klimageräten ausstatten will, kommt zu spät. bauMax-Sprecherin Maria Plattner sagt: „Außer vereinzelten Nachlieferungen gibt es bei uns österreichweit keine Ventilatoren mehr.“Mobile Klimageräte seien in ganz Europa ausverkauft. Es gebe nur noch Klimaanlagen, die man stationär in Häuser einbaut. „Wir haben im Bereich Kältetechnik unseren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.“Fehlanzeige auch im kleinen Fachgeschäft: Bei Elektro Schmiederer in Wals-Siezenheim tröstet Inhaberin Ingrid Schmiederer: „Ich habe seit der zweiten Hitzewelle keine Ventilatoren mehr. Dabei habe ich so viele wie noch nie verkauft.“Neue Ventilatoren gebe es erst im nächsten Jahr.
Mit der Hitze steigen auch die Reklamationen, etwa bei Milchprodukten. „Es gibt halt auch noch vie- le kleine Geschäfte, die keine Kühlandockrampe haben“, sagt SalzburgMilch-Chef Christian Leeb. Normalerweise werde eine Lieferung nach dem Abladen innerhalb von 15 Minuten verräumt und sei das auch kein Problem. „Wenn die Laderampe aber 40 bis 45 Grad hat, kann es kritisch werden.“Einen Rückgang beim Milchverkauf hat man bei der SalzburgMilch bis dato nicht registriert. Im Gegenteil. Leeb: „Bei Buttermilch und Molkegetränken haben wir sicher ein Plus.“
Keine Ausfälle gab es bisher bei der Schifffahrt. Während etwa auf der Elbe in Deutschland seit ein paar Tagen nichts mehr geht, ist der Wasserpegel auf der Donau in Österreich noch hoch genug. „Wir sind noch 30 Zentimeter über Niederwasser“, sagt der Branchenobmann für die Schifffahrt in der Wirtschaftskammer, Wolfram Brandner-Mosser. Die Passagierschiffe seien fahrplanmäßig unterwegs, die Frachter für die Jahreszeit normal beladen. „Es müsste noch mindestens vier Wochen heiß und trocken bleiben, dass es kritisch wird.“Auf der Passagierlinie Wien– Budapest hat der ungarische Anbieter seine Tragflügelboote jedoch bereits auf einen kleineren Typ ausgetauscht, um nicht zu riskieren, dass die Kufen den Boden berühren.
Die Hitze aber lässt auch Urlaubsgäste stöhnen. Vor allem arabische Gäste, die Regen und kühlere Temperaturen lieben, finden für ihren Geschmack zu wenig klimatisierte Räume. „Die Hotels in Zell am See sind schon verzweifelt, weil alle nach einer Klimaanlage fragen“, sagt Albert Schwaighofer von der Salzburger Hoteliervereinigung.
Apropos kühl: Am Wochenende soll die Hitzewelle zu Ende gehen.
„Wir sind noch 30 Zentimeter über Niederwasser.“W. Brandner-Mosser, Schifffahrt