Der „Drogenbaron“saß im Kinderzimmer
20-Jähriger soll von daheim aus via Internet die unfassbare Menge von 900 Kilogramm Drogen verkauft haben. Zu Prozessbeginn schwieg er.
Aus seinem Zimmer in der Wohnung der Eltern soll ein junger Mann aus Leipzig fast eine Tonne Drogen in alle Welt verkauft haben. Seit Dienstag muss sich der als „Kinderzimmer-Dealer“bekannt gewordene 20-Jährige vor dem Landgericht Leipzig verantworten. Auch zum Prozessauftakt brach der Angeklagte sein Schweigen nicht.
Er werde vorerst keine Erklärung zu den Vorwürfen abgeben, ließ er von seinem Verteidiger mitteilen. Von Ende 2013 bis Februar 2015 soll er insgesamt 914 Kilogramm Drogen, darunter Kokain und Haschisch und Tausende verschreibungspflichtige Tabletten, verkauft haben – bis in die USA und nach Australien. Seine Ware hatte er laut Anklage zunächst im Darknet, einem nur über Anonymisierungsdienste erreichbaren Bereich des Internets, und später auf der frei zugänglichen Plattform Shiny Flakes angeboten.
Die Drogen, die hauptsächlich aus den Niederlanden stammten, soll er dann per Post an seine Kunden geschickt und so insgesamt rund vier Millionen Euro eingenommen haben. Wie die Leipziger Polizei im März mitgeteilt hatte, wurden 360 Kilogramm Drogen beschlagnahmt. Es sei einer der bisher größten deutschen Drogenfunde, hieß es. Die Ermittler präsentierten vor der Presse Berge von Kokain, Ecstasy, LSD und Marihuana.
Der junge Mann sitzt seit 27. Februar in U-Haft. Mit dem Fall beschäftigt sich eine Jugendstrafkammer. Das Gericht will während der Verhandlung darüber befinden, ob für den 20-Jährigen noch das Jugendstrafrecht gilt. Dann läge die Strafe im Fall einer Verurteilung bei mindestens sechs Monaten und höchstens zehn Jahren Haft. Wird er als Erwachsener behandelt, könnten es zwei bis 15 Jahre werden.
Bis heute ist es der Polizei nicht gelungen, die Hauptlieferanten des 20-Jährigen zu identifizieren. Der Angeklagte war sogar so abgebrüht, dass er seine Drogen in Laboren auf ihre Reinheit habe testen lassen. Ein Polizeisprecher: „So saubere Drogen gibt es nur selten auf dem Markt.“
Aufgeflogen sind die MegaDrogengeschäfte letztlich deshalb, weil der Angeklagte beim Porto gespart und bei den Empfängeradressen geschlampt haben soll. Laut Polizei landeten einige Pakete in Hausfluren, wo Bewohner sie öffneten und zur Polizei gingen.