Österreichs Unternehmensrecht trotzt dem Trend
Das im Juli in Kraft getretene, neue Unternehmensgesetzbuch verteidigt das Vorsichtsprinzip.
Hat sich die Wirtschaftslage der amerikanischen oder der europäischen oder der japanischen Unternehmen am Montag dramatisch verschlechtert und sich Dienstag wieder spektakulär erholt? Nein. Aber die internationalen Aktienbörsen haben sich verhalten, als ob dies der Fall gewesen wäre.
Aktienbörsen spiegeln nur beschränkt die tatsächliche Entwicklung der Wirtschaft wider. Dies ist auch nicht ihre primäre Aufgabe. Es handelt sich um Märkte, auf denen Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen, auf denen die Marktteilnehmer die ihnen richtig erscheinenden Preise zahlen und erhalten.
Am Montag haben sich viele Börsianer in den USA, in Europa und in Japan aufgeregt und befürchtet, dass die Probleme der chinesischen Wirtschaft die Weltkonjunktur in eine Krise reißen werden. Ein Kurssturz war die Folge. Am Dienstag haben sie sich wieder beruhigt, es kam zu einer Hausse.
Diese für einen lebendigen Markt selbstverständlichen und banalen Erscheinungen haben allerdings im Gefolge einer kuriosen Mode bedenkliche Auswirkungen. Die Börsenkurse wurden im Rahmen der international maßgeblichen Rechnungslegung IFRS und verwandter Regeln zu einem Fetisch erhoben: Nur der Preis einer Aktie zeige den wahren Wert einer Firma und alle anderen Bewertungen seien zweitrangig.
Immer mehr Unternehmen der verschiedensten Bereiche müssen nach diesem Grundsatz bilanzieren. Besitzt eine Firma ein größeres Aktienportefeuille, so war sie Montagmittag in größten Schwierigkeiten und Dienstagnachmittag bestens aufgestellt. Bilanzen werden allerdings nicht alle halben Stunden gemacht, sondern nur ein Mal im Jahr. Und so hängt die Bilanz eines stark in Aktien investierten Unternehmens von der Lage auf dem Aktienmarkt an ihrem Bilanzstichtag ab.
Die Bilanzierung nach den Verkehrswerten sollte ein realistisches Bild der Unternehmen zeigen. Das ist nicht der Fall. Mehr noch: Entscheidend ist, welchen Betrag ein Vermögenswert bei einem irgendwann stattfindenden Verkauf bringt. Und da kann es böse Überraschungen geben, wenn der Bilanzwert einen Reichtum vorgaukelt, der nicht hält.
Die vergangenen Tage haben eindrucksvoll gezeigt, dass die jeweils aktuellen Marktpreise keine Basis für eine nachhaltige Bilanzierung bilden. Dies gilt nicht nur für Aktien, sondern auch für andere Werte, wie etwa Immobilien.
Somit ist es erfreulich, dass das neue, im Juli in Kraft getretene österreichische Unternehmensgesetzbuch UGB dem internationalen Trend trotzt und, soweit dies angesichts der Vorgaben der EU-Bilanzrichtlinie möglich ist, vorsichtige Bewertungen verlangt.
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