Die Autoindustrie fährt in eine neue Zeit
Onlinedienste in den Fahrzeugen verändern das Geschäft der Automobilbranche. Der Wettlauf der IT-Plattformen hat begonnen.
Auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt zelebrieren die Autohersteller traditionell neue Modelle im Scheinwerferlicht, doch heuer mischen sich größere Sorgen als sonst in die Stimmung vor der Show. Und es sind nicht nur die Turbulenzen im wichtigen Riesenmarkt China. In der Industrie bahnt sich ein Umbruch an, wie es ihn noch nie gab. Rund 1000 Aussteller aus 40 Ländern präsentieren vom 17. bis 27. September die neuesten technologischen Highlights des Autojahres 2015, zahlreiche Weltneuheiten sind für die Leitmesse angekündigt.
Mit Onlinediensten rückt das Silicon Valley in die Autobranche ein – den Platzhirschen droht ein Kontrollverlust. „Die Wertschöpfungskette war früher einfach: Es gab Hersteller, Zulieferer, Händler“, sagt Branchenexperte Axel Schmidt vom Berater Accenture. „Jetzt entsteht ein Ökosystem, das kein Hersteller allein beherrschen kann.“
Google arbeitet seit Jahren an Technik für selbstfahrende Fahrzeuge. Der Fahrdienst-Vermittler Uber, eines der reichsten Start-ups, forscht an Roboter-Wagen. Apple entwirft angeblich ein Elektro-Auto, in Japan denkt Sony daran.
Man könne sich eine Zukunft vorstellen, in der die Autoindustrie die Fahrzeuge baut – „aber das Gehirn kommt von Apple oder Google“, betont Schmidt. Davor habe die Branche zu Recht Angst. Während die Autobosse früher bei Fragen nach der Gefahr aus dem Silicon Valley eher abwinkten, streckte Daimler-Chef Dieter Zetsche jüngst den IT-Riesen die Hand entgegen: „Eine Option könnte sein, dass die Autos in einem Joint Venture ent- stehen und wir diese dann bauen“, sagte er in einem Interview. Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sagte im Frühjahr: „Der Wettlauf um die Mobilität der Zukunft ist extrem hart, eine Erfolgsgarantie gibt es für niemanden.“
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen geht nicht davon aus, dass Apple oder Google im großen Stil selbst produzieren: Die Margen seien für die IT-Größen viel zu niedrig. Auch Auto-Berater Schmidt sagt: „Google hat kein Interesse an Auto-Hardware, Google will ein Mobilitätssystem in großen Städten erschaffen.“Immer mehr vor allem junge Menschen wollen ihr Geld für Mobilität statt für ein eigenes Auto ausgeben. Deshalb versuchen sich Daimler, BMW, Volkswagen und Opel am Carsharing und entwickeln Apps, die sich nicht nur an Autokäufer wenden. Es ist ein Wettkampf der Plattformen. Die Autohersteller geben nicht kampflos auf.
„In unserem Geschäft geht es nicht mehr allein um PS und das Drehmoment.“