Ein Fußballzwerg lässt die Großen schaudern
Island ist nach dem Sensationssieg von Amsterdam so gut wie fix bei der EM dabei. Eine ganze Nation ist im Ausnahmezustand.
Selbst dem Regierungschef der gerade einmal 330.000 Einwohner Islands fehlten schlichtweg die Worte. Die erste EM-Teilnahme der Fußballnationalmannschaft von der Polarkreisinsel scheint nach dem sensationellen 1:0-Sieg beim strauchelnden Favoriten Niederlande nur noch eine Formsache. „Jetzt bin ich sprachlos“, schrieb Sigmundur Davíð Gunnlaugsson bei Facebook: „Alles, was ich sagen kann, ist: Herzlichen Glückwunsch, Burschen – und Island als Ganzes. Holland hat seit 2007 jedes Heimspiel in jedem Wettbewerb gewonnen – bis jetzt.“
Am Sonntag können er und seine Landsleute den Triumph mit dem Gewinn des Tickets für die EMEndrunde in Frankreich im kommenden Jahr perfekt machen. „Wir müssen ruhig bleiben und den Job zu Ende bringen“, mahnte der ehemalige deutsche Bundesligaspieler Gylfi Sigurðsson. Er war es, der in der 51. Minute mit einem verwandelten Foulelfmeter den sechsten Sieg der Isländer im siebten EMQualifikationsspiel perfekt gemacht hatte.
„Als ich zum Ball gegangen bin, um den Strafstoß zu schießen, war mein erster Gedanke: Nicht vorbeischießen! Das war das erste Mal, dass ich vor einem Elfmeter nervös war“, gab der Profi von Swansea City zu: „Ich habe gedacht, dass dieser Elfmeter uns einen Platz bei der EM sichern könnte.“
18 Punkte hat das Team des Trainergespanns Lars Lagerbäck/Heimir Hallgrímsson nun. Und am Sonntag kommt mit Kasachstan der Letzte der Gruppe A. Mehr als ein Remis brachten die Kasachen bislang nicht zustande. „Jetzt kann ich, gemeinsam mit Tausenden anderen Isländern, nach Hotels in Frankreich suchen und reservieren“, schrieb ein Autor der Zeitung „Morgunblaðið“bereits. Die Kollegen von „Fréttablaðið“feierten den Erfolg in Amsterdam am Donnerstag- abend als historischen Sieg: „David hat Goliath geschlagen.“
Die große Party blieb aber noch aus. Nach dem Sieg in den Niederlanden sollten sich die isländischen Fußballhelden erst einmal erholen, um für die kommende Partie im Stadion Laugardalsvöllur von Reykjavík fit zu sein. Denn dann will Island, die Insel mit statistisch drei Einwohnern pro Quadratkilometer, den Schritt auf die große Fußballbühne perfekt machen.
Noch nie konnte das Land, das für seine Naturschönheiten, ein recht raues Klima und vor allem den Vulkan Eyjafjallajökull bekannt ist, sich für eine EM- oder WM-Endrunde qualifizieren. Doch zeichnete sich schon bei der Ausscheidung für die WM 2014 in Brasilien ab, dass mit den Isländern zu rechnen sein könnte.
Damals scheiterte die Mannschaft erst in den Play-offs an Kroatien. Der Vertrag mit dem Schweden Lagerbäck war dennoch verlängert worden – bis zum Abschluss der EM im kommenden Jahr. Danach wird Assistent Hallgrímsson den Posten als Chefcoach übernehmen – womöglich nach der ersten EM-Teilnahme des Landes.