Salzburger Nachrichten

Zugvögel lernen das Reisen neu

Die bedrohten Waldrappe sollen in Zukunft wieder selbststän­dig in ihr Winterquar­tier ziehen können. Noch helfen Menschen und Flugzeuge den Zugvögeln beim Lernen. Zwei Tiere sind noch vermisst.

- Johannes Fritz, Projektlei­ter

Eines der größten Artenschut­zprojekte Europas ist erfolgreic­h. 28 Waldrappe mussten auch heuer wieder das Reisen in ihr Winterquar­tier in der Toskana mithilfe von zwei Ultraleich­tflugzeuge­n lernen.

Dieser Flug über die Alpen war ein weiterer großer Schritt zur Rettung des vom Aussterben bedrohten Waldrapps. 28 von Menschenha­nd aufgezogen­e Zugvögel kamen am Dienstag wohlbehalt­en im Schutzgebi­et an der Lagune von Orbetello in der südlichen Toskana an. Die Tiere folgten auf der 17 Tage dauernden, abenteuerl­ichen Reise zwei Ultraleich­tflugzeuge­n. Gestartet war das Geschwader in Seekirchen am Wallersee. Im Flachgau hatten die Waldrappe und ihr Betreuerte­am fleißig das Fliegen trainiert.

Auf die rund 1000 Kilometer lange Reise in das Winterquar­tier hatten sich 31 Vögel gemacht. Am Freitag ging Waldrapp Raphael verloren. Er konnte jedoch gefunden und mit der Gruppe wieder vereint werden. Zwei Vögel werden seit dem Überfliege­n eines Tals in der Nähe der Po-Mündung vermisst. Waldrapp Yuki brach sich den Oberschnab­el und wurde nach Villach in eine Tierklinik gebracht.

Die jungen Vögel überflogen unter anderem die Lagune von Venedig und die Städte Siena und Florenz. Schon nach der ersten Etappe in den Lungau gab es vor-übergehend kleinere Motivation­sprobleme. Einige Vögel ließen sich nicht zum Weiterflie­gen bewegen und wurden ein Teilstück mit dem Auto chauffiert.

„Das war aber nichts Tragisches“, sagt Projektlei­ter Johannes Fritz. Der heurige (zehnte) Flug habe sehr gut funktionie­rt. Noch nie haben so viele Waldrappe die Reise mitgemacht. Auch die Sache mit den beiden Vermissten klingt schlimmer als sie ist. „Das passiert immer wieder.“Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Vögel wieder auftauchte­n, erzählt der Biologe. „Einer wurde schon am südlichen Abhang des Apennins gesichtet. Wir haben noch nie einen verloren.“Die menschlich­en Freunde der Waldrappe schwärmen von „fantastisc­hen Flügen“bis in Flughöhen von 1500 und sogar 2500 Metern.

Weitere 17 Jungtiere, die nicht von Menschen, sondern ihren Eltern in Kuchl und Burghausen (Bayern) aufgezogen wurden, sollen bald ohne Flugzeug, aber mit erwachsene­n Artgenosse­n nach Italien fliegen. Erfahrungs­gemäß brechen sie nicht vor Mitte September auf. Einige geschlecht­sreife Zugvögel wandern schon selbststän­dig hin und her.

Ende der 1990er-Jahre hatten Forscher begonnen, die seit dem 17. Jahrhunder­t fast ausgestorb­enen Vögel in Grünau im Almtal/OÖ wieder anzusiedel­n. Mit dem Ziel, ihnen alte Zugrouten neu beizubring­en. 2004 brachen die ersten Tiere zur großen Reise auf. Bis 2019 soll die Art in Europa wieder so richtig heimisch sein.

„ Alle Etappen unserer Flugreise sind gut verlaufen.“

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Die Reise nach Italien ist für fast alle Waldrappe gut verlaufen. Den nächsten Sommer sollen die Zugvögel wieder in Österreich verbringen.
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