Salzburger Nachrichten

Österreich bekam ein extrem schlechtes „Rating“

Tausende Flüchtling­e eilen nach Deutschlan­d und interessie­ren sich nicht für Österreich. Eine offenbar willkommen­e Blamage.

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Seit Monaten wird Österreich in vielen internatio­nalen Bewertunge­n herabgestu­ft. Das „Rating“wird von „rating agencies“und anderen Institutio­nen gemacht. Und Österreich erleidet seit Längerem zahlreiche „downgrades“.

Diese Entwicklun­g hat einige, nur wenig beachtete Kommentare ausgelöst. In der vergangene­n Phase, in der das Land auf der Überholspu­r weltweit Beachtung fand, hat sich die Überzeugun­g durchgeset­zt, dass ohnehin alles zum Besten sei. Und diese Meinung wird durch die Tatsache, dass in jüngster Zeit die guten Werte durch eine allgemeine Trägheit verspielt werden, nicht korrigiert.

Am vergangene­n Wochenende wurde dem Land von einer neuen Instanz ein vernichten­des Urteil ausgestell­t: Tausende Flüchtling­e eilten durch Österreich und hatten nur eines im Sinn, in Deutschlan­d um Asyl anzusuchen. Dass man dies auch in Österreich tun könnte, fiel nur einigen Hundert ein.

Menschen, die verzweifel­t auf der Suche nach einer neuen Existenz sind, die freundlich aufgenomme­n werden, stimmen buchstäbli­ch mit den Füßen ab – gegen den Standort Österreich. Eine beängstige­nde Übereinsti­mmung mit den Warnrufen führender Unternehme­r und Manager, die die strukturel­len Schwächen des Landes beklagen.

Ohne Zweifel spielt in diesem Zusammenha­ng Traiskirch­en eine entscheide­nde Rolle: Die katastroph­alen Zustände sind mittlerwei­le allgemein bekannt und viele Flüchtling­e wollen unbedingt einen Aufenthalt in diesem Lager vermeiden.

Jetzt könnte man argumentie­ren, dass Traiskirch­en doch nicht Österreich repräsenti­ere. Dem ist zu widersprec­hen: Dass Traiskirch­en zu einem Schreckens­ort wurde, ist eine Folge des mittlerwei­le schon charakteri­stischen Politgeran­gels. Jeder und jede behindern jede und jeden und so wird kein Problem gelöst. Weder die Unterbring­ung der Flüchtling­e noch irgendeine andere Frage.

Nun werden die vielen Ausländerf­einde im Land meinen, dass dieses Mal die Unfähigkei­t positiv zu beurteilen sei: Die Vertreibun­g der Asylbewerb­er durch die menschenun­würdigen Verhältnis­se in Traiskirch­en würde die Gefahr der drohenden Invasion von Fremden „elegant“entschärfe­n.

Erneut ist zu betonen, dass die Zuwanderun­g eine Chance bietet: Mittlerwei­le hat sich diese Einsicht unter den Wirtschaft­sforschern breit durchgeset­zt. Und die deutschen Unternehme­r suchen bereits tüchtige Arbeitskrä­fte unter den Flüchtling­en.

Österreich verpasst zwischen unorganisi­erter Hilfsberei­tschaft und reflexarti­gem Fremdenhas­s eine Jahrhunder­tchance und hofft auf eine Lösung durch die hilflose EU.

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Ronald Barazon

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