USA drücken sich in der Flüchtlingskrise
Seit dem Jahr 2011 haben die USA genau 1554 syrische Flüchtlinge aufgenommen. Kongress und Weißes Haus zeigen wenig Neigung, an diesem Kurs etwas zu ändern.
In einem Punkt stimmen die Republikaner im Kongress und Präsident Barack Obama überein: Die Flüchtlingsströme aus Syrien sind nicht in erster Linie das Problem Amerikas. „Die Europäer haben sicherlich die Kapazität, mit dieser Herausforderung umzugehen“, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest. Es bestünden keine Pläne, an der gegenwärtigen Politik der USA etwas zu ändern.
Das US-Außenministerium erklärte, es erwarte einen geringfügigen Anstieg der Syrer, die ins Land gelassen würden. Von den insgesamt vier Millionen Menschen, die vor dem Bürgerkrieg auf der Flucht sind, wollen die USA bis zum Ende des Jahres 2016 zwischen 5000 und 8000 einreisen lassen. Außenminister John Kerry räumte ein, es könne insgesamt mehr getan werden. Er sieht die Rolle Amerikas aber eher darin, „anderen Nationen mit deren Flüchtlingslagern zu helfen“. Washington stellte Jordanien, das 650.000 Flüchtlingen Aufnahme gewährt hat, eine Milliarde Dollar an günstigen Krediten zur Verfügung. Der Libanon erhielt zur Unterstützung jener einen Million Menschen, die hier Zuflucht gefunden haben, 74 Millionen Dollar an Direkthilfe.
Der von den Republikanern kontrollierte Kongress kritisiert Obama zwar lautstark für dessen militärische Untätigkeit in Syrien, hält die Flüchtlinge aber auch nicht für ein Problem der USA. Der Vorsitzende des Heimatschutzkomitees im Repräsentantenhaus, Mike McCaul, und eine Gruppe gleich gesinnter Konservativer forderten die Regierung in einem Brief auf, „die Flüchtlingssituation nicht zu einem Hintereingang für Dschihadisten zu machen“.
Die bestehenden Prozeduren für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Region sind nach Auskunft von Experten ein wesentlicher Grund für die geringe Zahl an Syrern, die in den USA eine neue Heimat gefunden haben. Demnach wird jeder einzelne Asylsuchende vom Nationalen Anti-Terrorismus-Zentrum, dem Verteidigungsministerium, dem FBI und einer speziellen Abteilung im Heimatschutzministerium auf mögliche Verbindungen zu terroristischen Gruppen durchleuchtet. Dieses Verfahren dauert nicht selten bis zu 18 Monate.
Flüchtlingsorganisationen halten die Positionierung der Vereinigten Staaten für beschämend. Das International Rescue Committee forderte die USA auf, bis Ende nächsten Jahres mindestens 65.000 Menschen aufzunehmen. „Während die deutsche Regierung ganz unaufgeregt sagt, sie erwarte 2015 bis zu 800.000 Flüchtlinge, ist es von vitaler Bedeutung, dass auch die USA mehr tun“, fordert IRC-Chef David Miliband. Der Harvard-Politologe Michael Ignatieff findet, angesichts der historischen Mitverantwortung für das Chaos im Mittleren Osten lägen die USA, aber auch Saudi-Arabien und die reichen Golf-Anrainer verkehrt, das Flüchtlingsproblem auf Europa abschieben zu wollen. „Das ist ein Alibi. Und der Rest unserer Ausreden – wie dass die Asylsuchenden nicht die richtigen Papiere haben – lässt einem schlecht werden.“
Bisher sind solche Stimmen in der öffentlichen Debatte noch die Ausnahme. Von den 22 Präsidentschaftsbewerbern setzten sich nur zwei für die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge ein. Jeb Bush und Hillary Clinton schweigen. Hoffnung gibt der Brief einer Gruppe von 14 demokratischen Senatoren, die das Versagen der USA bei der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge aus Europa in Erinnerung rufen. „Es ist eine moralische, rechtliche und Sicherheitsverpflichtung für die Vereinigten Staaten, in der schlimmsten Flüchtlingskrise unserer Zeit mit gutem Beispiel voranzugehen.“
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